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Hilfe für Post-Covid-Betroffene BGW magazin - 1/2022

Für einige Erkrankte ist Covid-19 auch nach Wochen oder gar Monaten noch nicht vorbei. Sie erhalten von der BGW bestmögliche Unterstützung.

Rund 132.000 meldepflichtige Verdachtsfälle auf eine beruflich bedingte Covid-19-Erkrankung verzeichnete die BGW seit Pandemiebeginn bis zum Jahresende 2021. Davon sind bisher etwa 87.000 Fälle als Berufskrankheit anerkannt. Die meisten Erkrankten hatten glücklicherweise nur leichte Verläufe. Andere Betroffene haben jedoch noch Monate nach der Infektion mit Symptomen zu kämpfen. Eine wichtige Aufgabe für die BGW ist jetzt und in der kommenden Zeit, dafür zu sorgen, dass die langfristig von einer Covid-19-Berufskrankheit betroffenen Versicherten optimal versorgt werden.

Wann spricht man von Post-Covid?

Insgesamt sind rund 200 Post-Covid-Symptome von Schwindel bis Haarausfall bekannt. Zu den häufigsten Beschwerden zählen fehlende Belastbarkeit und Atemnot, oft werden Geruchs- und Geschmacksverlust sowie Konzentrations- und Gedächtnisstörungen beklagt. Auch die als Fatigue beschriebene starke Erschöpfung wird beobachtet.

Bild vergrößern Übersichtsgrafik: An die akute Covid-19-Krankheitsphase (bis 4 Wochen) schließt Long Covid an: Symptome, die im Zusammenhang mit Covid-19 oder danach aufgetreten sind. Darunter verstehen sich zum einen die subakute Covid-19-Krankheitsphase (4-12 Wochen) und zum anderen das Post-Covid-Syndrom (ab 12 Wochen)

Long Covid bezeichnet Beschwerden, die länger als vier Wochen nach Infektion bestehen.

Long oder Post-Covid?

Beide Begriffe werden oft gleichbedeutend verwendet, doch es gibt  einen klar definierten Unterschied: Laut einer aktuellen Leitlinie der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) bezeichnet Long Covid Beschwerden, die länger als vier Wochen nach Infektion bestehen. Post-Covid steht für Beschwerden, die länger als zwölf Wochen nach Infektion auftreten oder fortbestehen. Langzeitfolgen treten am häufigsten bei schweren Verläufen und Behandlung auf der Intensivstation und viel seltener bei eher milder oder zunächst abgeklungener Erkrankung auf, ohne dass es eine andere Erklärung gibt.

Häufige Symptome

  • Störungen des Geruchs- und Geschmackssinns
  • Anhaltende Erschöpfung und Müdigkeit
  • Atembeschwerden
  • Kognitive Beeinträchtigungen und Konzentrationsstörungen

Anerkennung als Berufskrankheit

Versicherte der BGW, die sich im Rahmen ihrer versicherten Tätigkeit mit SARS-CoV-2 infizieren und an Covid-19 erkranken, stehen unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Dies gilt auch für mögliche Langzeitfolgen und auch, wenn Symptome erst zu einem späteren Zeitpunkt auftreten. Von den rund 87.000 BGW-Versicherten mit anerkannter Covid-19-Berufserkrankung (BK) waren bis Ende 2021 circa 2.100 langfristig schwerer erkrankt, sodass sich die BGW im Reha-Management um sie kümmert. Somit fallen sie unter die Definition des Post-Covid-Syndroms.

Nach aktuellem Kenntnisstand erwartet die BGW insgesamt bei bis zu drei Prozent der BK-Fälle Langzeitfolgen. Wichtig ist, dass die BGW von anhaltenden oder neuen Symptomen erfährt, nur dann können wir bei deren Behandlung unterstützen, sagt Claudia Drechsel-Schlund, Geschäftsführerin der BGW-Bezirksverwaltung Würzburg. Hier sind die Versicherten wie auch die behandelnden Ärztinnen und Ärzte gefragt, den Verdacht auf Post-Covid zu melden. Versicherte erzählen uns immer wieder, dass der Hausarzt auch nicht so recht weiterwusste und dann die Odyssee zu verschiedenen fachärztlichen Praxen begann. 

Symptomorientiert behandeln

Während die Ursachen für Post-Covid noch erforscht werden, ist inzwischen klar: Es handelt sich um eine komplexe Multisystemerkrankung, die nicht nur die Lunge und das Herz-Kreislauf-System betrifft. Da Post-Covid-Symptome so unterschiedlich sein können, sollte eine Behandlung immer symptomorientiert erfolgen, erklärt Claudia Drechsel-Schlund. Deshalb ist immer die erste Aufgabe, eine gute umfassende Diagnostik auf den relevanten Fachgebieten zu erreichen. Die Fallsteuerung durch die BGW hat für die Patientinnen und Patienten klare Vorteile: Es sind von Beginn an verschiedene medizinische Fachbereiche beteiligt. Durch die interdisziplinäre diagnostische Abklärung wird viel Zeit gespart und der Rehabilitationsprozess kann schneller beginnen. Die BGW arbeitet dabei eng mit den Berufsgenossenschaftlichen Unfallkliniken zusammen.

Das Post-Covid-Programm

Gemeinsam haben die BG Kliniken und die BGW ein medizinisches Maßnahmenpaket für Beschäftigte entwickelt, die an den Folgen einer berufsbedingten Covid-19-Erkrankung leiden. Das Post-Covid-Programm wird in allen Akut- und Rehakliniken der Unternehmensgruppe angeboten. Es reicht von der Beratung und Diagnostik bis hin zu stationärer Rehabilitation und ambulanter Nachbetreuung. Was die Behandlung bei uns so besonders macht, ist die integrative Betrachtung der Symptome. Wir arbeiten eng mit den anderen Fachbereichen zusammen und haben ein breites Netzwerk an Partnerkliniken und spezialisierten Reha-Einrichtungen, so Dr. Andreas Gonschorek, Leiter des Neurozentrums am BG Klinikum Hamburg.

Eine Pflegekraft und eine Patientin in einem Raum mit Computer. Die Patientin hat die Hände auf einer tastaturähnlichen Vorrichtung. Die Pflegekraft gibt Anweisungen

Post-Covid-Check im BG Universitätsklinikum Bergmannsheil: Hier wird gerade mit neuropsychologischen Verfahren die Reaktionsfähigkeit und Belastbarkeit einer Betroffenen geprüft.

Um den unterschiedlichen Symptomen der Patientinnen und Patienten gerecht zu werden, arbeiten klinische Fachbereiche wie Neurologie, Pneumologie, Kardiologie, Psychologie und Rehabilitation beim Post-Covid-Programm Hand in Hand. Bei Bedarf werden weitere Fachbereiche hinzugezogen. In der Post-Covid-Sprechstunde werden die Versicherten individuell untersucht und es wird abgeklärt, ob beispielsweise der stationäre Post-Covid-Check oder eines der angebotenen, speziellen Rehaverfahren der BG Kliniken eingeleitet werden soll.

Der Post-Covid-Check ist ein umfassendes Diagnostikverfahren und wird stationär in einer BG Klinik durchgeführt. Dabei werden sämtliche Krankheitssymptome genau untersucht und ein maßgeschneidertes Therapiekonzept wird erstellt. Der Check dauert bis zu zehn Tage und umfasst neurologische, psychologische und zahlreiche weitere Tests. 

Im Rahmen der Steuerung des Heilverfahrens durch die BGW erfolgt eine Abklärung der geeigneten Maßnahmen. Daher sollten sich Versicherte, die beruflich bedingt an Covid-19 erkrankt sind, an ihre zuständige Bezirksverwaltung wenden.

Rehabilitation: Mit Geduld wieder in Form kommen

Auch die Rehabilitation wird individuell auf die Symptome und Patientenbedürfnisse angepasst und findet interdisziplinär statt. Spezielle Rehaverfahren des Post-Covid-Programms sind die neurologische Rehabilitation und die in der BG Klinik für Berufskrankheiten Bad Reichenhall entwickelte Post-Covid-Rehabilitation bei Atemwegs- und Herz-Kreislauf-Problemen. Für Betroffene erfordert die Reha oft viel Geduld. Die Symptome sind bei einigen Erkrankten zum Teil so schwer, dass ein selbstständiges Leben ohne Unterstützung bei körperlichen Tätigkeiten nicht mehr möglich ist, erläutert Dr. Gonschorek. Langzeitstudien gibt es noch nicht, weil die Krankheit noch recht neu ist. Doch die bisherigen Erfahrungen zeigen, dass die gezielte Behandlung in den BG Kliniken wirkt, wie Dr. Gonschorek bestätigt: Eine große Mehrheit hat aus Erfahrung eine gute Prognose, zu genesen und in absehbarer Zeit in den Beruf zurückzukehren. 

Von: Mareike Berger