Heiße Zeiten: Hitzewellen im Sommer - Hitzeschutz für Beschäftigte im Gesundheitsdienst #95 BGW-Podcast "Herzschlag - Für ein gesundes Berufsleben"
Flutkatastrophen, Sturmtiefs und enorme Hitzewellen - der Klimawandel ist nicht zu ignorieren. Vor allem die steigenden Hitzebelastungen haben großen Einfluss auf unsere Gesundheit, privat aber auch im Arbeitsalltag. Auch Beschäftigte im Gesundheitsdienst stehen vor großen Herausforderungen in Bezug auf die Hitze
Einerseits durch die körperlichen Anstrengungen, überhitzte Innenräume und wenig luftdurchlässige Arbeits- bzw. Schutzkleidung und andererseits durch ein erhöhtes Patientinnen- und Patientenaufkommen. Welche Regelungen und Tipps gibt es im Umgang mit der Hitzebelastung am Arbeitsplatz? Antworten darauf bekommen wir von Dr. Julia Schoierer und Dr. Stefan Rakete von der Ludwig-Maximilians-Universität München.
Hier kommen Sie zum Transkript dieser Folge
Nachrichtensprecher 1
Der Deutsche Wetterdienst warnt in vielen Regionen Deutschlands vor extremer Hitze.
Nachrichtensprecher 2
Schon am frühen Vormittag wird eine geführte Temperatur von 38 Grad erwartet.
Nachrichtensprecher 3
In den Jahren 2018 bis 2020 starben mehr als 19.000 Menschen in Deutschland aufgrund von Hitze.
Nachrichtensprecher 4
Der Sommer 2022 war der heißeste seit 70 Jahren.
Nachrichtensprecher 5
Das Gesundheitswesen ist nicht auf die Hitzewelle vorbereitet.
Moderator
Der Klimawandel ist allgegenwärtig und damit auch die steigenden Hitzebelastungen, die großen Einfluss auf unsere Gesundheit haben. In der Schule, da habe ich mich immer gefreut, wenn die Durchsage kam. Hitzefrei !!! Allerdings kann man im beruflichen Kontext nicht einfach so zu Hause bleiben, weil es so heiß ist. Umso wichtiger ist der Schutz vor der Hitze im Arbeitsalltag auch für das Gesundheitswesen stellen die Hitzewellen ein enormes Problem dar. Welche Regelungen und Tipps gibt es im Umgang mit der Hitzebelastung am Arbeitsplatz dazu spreche ich heute mit 2 Expertinnen und Experten auf dem Gebiet. Ich bin Ralf Podszus, schön, dass ihr dabei seid.
Jingle
Herzschlag für ein gesundes Berufsleben der BGW Podcast
Moderator
Bei mir sind Medizinpädagogin Dr. Julia Scheurer und Wissenschaftler Dr. Stefan Rakete. Hallo ihr beiden.
Dr. Stefan Rakete
Hallo.
Dr. Julia Scheurer
Ja, Hallo.
Moderator
Was ihr genau macht und welchen Background ihr habt, das hören wir jetzt kurz und kompakt.
Erzähler
Dr. Julia Scheurer hat an der Fakultät für Erziehungswissenschaften der LMU in München im Schwerpunkt Medizinpädagogik promoviert. Seit einigen Jahren ist sie als Arbeitsgruppenleitung am Institut für Arbeits-, Sozial und Umweltmedizin des Klinikums München tätig. Nebenbei arbeitet sie außerdem in Bremen bei Ecolo, eine Agentur für Ökologie und Kommunikation. Ihr Forschungsschwerpunkt liegt dabei auf den gesundheitlichen Auswirkungen des Klimawandels.
Dr. Stefan Rakete ist seit 6 Jahren Arbeitsgruppenleiter im Institut für Arbeit, Sozial und Umweltmedizin in München. Der Klimawandel und die Auswirkungen auf Pflegekräfte beschäftigt den Wissenschaftler schon lange, gemeinsam mit der BGW hat er an einem Projekt zum Thema thermische Belastungen von Pflegekräften mitgewirkt und einen ersten Abschlussbericht dazu veröffentlicht.
Moderator
Ich halte fest, ihr beide forschte dem Thema gesundheitliche Auswirkungen des Klimawandels und das schon ziemlich lange und seit auch im Austausch mit den Pflegekräften selbst. Beschäftigte im Gesundheitsdienst, die stehen vor einigen Herausforderungen. Wir haben ja schon über viele dieser Herausforderungen bei Herzschlag gesprochen, dass die Hitze eine davon ist. Das hatte ich jetzt persönlich noch gar nicht so auf dem Schirm, ehrlicherweise. Um uns alle auf den aktuellen Stand zu bringen, wie ist denn der Istzustand beim Thema Hitzeschutz in der Gesundheitsbranche?
Dr. Stefan Rakete
Du hast es ja gerade gesagt, also viele Faktoren führen dazu, dass sich Pflegekräfte nicht wertgeschätzt fühlen und bei der Arbeitsbelastung ausgesetzt sind, die Bezahlung, Arbeitszeiten und auch die Arbeitsbedingungen und mit dem Klimawandel kommt jetzt ein weiterer relevanter Faktor dazu und da wird Julia ein bisschen was zu erzählen, dass das Thema Hitzeschutz in der Gesundheitsbranche noch nicht so angekommen ist.
Dr. Julia Scheurer
Ja, auf alle Fälle haben wir da noch Nachholbedarf, also die Hitzekompetenz generell zu steigern. Aber wir sehen auch, dass da sehr viel in Bewegung ist und die Gesundheitsbranche sich da auf einem guten Weg befindet.
Moderator
Stefan, wie gerade schon erwähnt, hast du eine Studie zu dem Thema gemacht. Was war euer Ziel dabei und ja, wie seid ihr das Ganze angegangen?
Dr. Stefan Rakete
Genau also die Voraussetzung dieser Studie war eine andere Studie von einem gemeinsamen Kollegen. Und der hat eine Umfrage bei Pflegekräften durchgeführt zum Thema Hitzebelastung und Hitzeschutz und dabei kam eben heraus, dass das Thema Hitze ein großes Problem ist und dass Schutzmaßnahmen noch nicht genügend etabliert sind. Wir wollten das ganze jetzt mal von der experimentellen Seite angehen und haben das Ganze in einer Klimakammer untersucht, das heißt, wir konnten dort die Bedingungen simulieren, die in einer Pflegestation vorherrschen können.
Moderator
Wie muss ich mir diese Klimakammer genau vorstellen?
Dr. Stefan Rakete
Die Klimakammer ist ein circa 4 -5 Meter großer Raum, also ich sag mal so ne übliche Wohnzimmergröße. Dort haben wir ein Laufband gehabt, ein Bett mit einer Puppe, die sozusagen den Patienten simuliert hat, einen Schreibtisch und verschiedene Gegenstände die möglichst nah an eine Pflegeeinrichtung kommen sollen. Also in dieser Klimakammer haben wir Probanden verschiedene Tätigkeiten durchführen lassen, die auch Pflegekräfte durchführen, zum Beispiel das Mobilisieren von Patienten, waschen von Patienten, das Gehen zwischen Patientenbetten und das bei verschiedenen Bedingungen, einerseits bei 22 Grad, was wir als ich sag mal normale Zimmertemperatur wahrnehmen und auf der anderen Seite bei 27 Grad also schon deutlich erhöhte Temperatur und dann das Ganze mit und ohne Schutzkleidung um einfach noch diesen Einfluss zu untersuchen.
Moderator
Sommer kann ja auch mal heißer werden, dann kannst du auch mal 35 Grad sein.
Dr. Stefan Rakete
Ja, die Temperaturen können außen schon durchaus höher sein, aber die Frage ist natürlich, was innen erreicht wird und da sind Temperaturen zum Glück noch nicht so häufig über 30 Grad, aber wir müssen uns sozusagen auf eine bestimmte Temperatur festlegen und wir haben uns für 27 Grad entschieden, aber natürlich kann es auch durchaus heißer werden.
Moderator
Ich war schon im Kinderkrankenhaus bei über 30 Grad im Raum, es wird dann schon, ich sag mal: spannend.
Dr. Stefan Rakete
Wir haben uns verschiedene Outcomes angeschaut, einerseits physiologische Parameter zum Beispiel die Körper und Hauttemperatur und auf der anderen Seite subjektive Parameter wie das Wohlbefinden und Stress zum Beispiel. Parallel zu den versuchen der Klimakammer haben wir das ganze natürlich auch unter realen Bedingungen betrachtet um einfach den Vergleich zu haben also experimentelle Bedingungen oder artifizielle Bedingungen sind immer schön und gut aber man möchte das ganze natürlich auch im realen Leben beleuchten.
Moderator
Jetzt bin ich natürlich gespannt, auf was für ein Ergebnis ihr gekommen seid. Auswirkungen von Klimawandel, körperlicher Belastung und Arbeitsschutzkleidung auf die thermische Beanspruchung von Pflegekräften, so heißt denn schließlich auch der Abschlussbericht von dir.
Dr. Stefan Rakete
Akute gesundheitliche Effekte konnten wir zum Glück erst mal nicht feststellen. Man muss aber auch dazu sagen, dass wir das nur an wenigen Tagen untersucht haben, das heißt, wenn die Belastung über einen längeren Zeitraum anhält beziehungsweise wie du schon gesagt, dass die Temperaturen auch höher sind als das, was wir untersucht haben, kann es dort möglicherweise zu gesundheitlichen Gefährdungen kommen. Was wir allerdings gesehen haben, sind, dass sowohl die Erhöhung der Temperatur als auch das Tragen von Schutzkleidung zu einer Erhöhung der Körper und Hauttemperatur führt. Bei der Körpertemperatur sehen wir einen Anstieg von 0,5 Grad. Das klingt jetzt erstmal nicht viel, kann aber schon zu vor allem subjektiv wahrgenommenen Effekten führen Das konnten wir dann auch tatsächlich in der Auswertung der Fragebogen feststellen, dass vor allem die Hitze als auch das Tragen der Schutzkleidung zu einer Verschlechterung des persönlichen Befindens geführt hat. Auffällig war vor allem, dass die Frustration bei höheren Temperaturen zugenommen hat und vor dem Hintergrund, dass die Pflege ohnehin schon oft am Limit ist, kommt mit der Hitze eine zusätzliche Belastung ins Spiel, die wir nicht ignorieren sollten.
Moderator
Julia, Wo liegen jetzt die größten Gefährdungen und Herausforderungen für die Pflege in Bezug auf die Hitzewellen?
Dr. Julia Scheurer
Ja also zu den Belastungen durch die Arbeitskleidung hat ja Stefan schon einiges erzählt aber im Pflegeberuf haben wir natürlich ganz verschiedene Belastungen, zum Beispiel eben auch die Schwere der Arbeit denn die Versorgung der zu Pflegenden kann körperlicher sehr anstrengend sein dann ist die Arbeit oftmals durchgetaktet, Pausen können kaum flexibel gemacht werden und natürlich auch der Schichtdienst lässt keine flexiblen Arbeitszeiten zu die an die Außentemperaturen dann angepasst werden müssten. Das heißt aber auch, dass die zu Pflegenden natürlich während der Hitzewellen mehr Unterstützung brauchen und gleichzeitig die Pflegekräfte bei der Hitze stark belastet sind und die Einrichtungen, mit denen wir zusammengearbeitet haben oder immer noch zusammenarbeiten, die Berichten, während der Hitzewellen einen höheren Krankenstand und es deckt sich auch mit unserem Studienergebnissen und auch mit den Ergebnissen, die Stefan gerade vorgestellt hat. Wir haben eine Vielzahl an Beschwerden, die von den Pflegekräften angegeben werden, während Hitzewellen. Das fängt bei Kopfschmerzen angeht, über Übelkeit bis hin zur Nervosität und Gereiztheit. Und diese Aspekte vor dem Hintergrund einer sowieso schon angespannten Personalsituation in der Pflege, das sind natürlich enorme Belastungen. Und eigentlich kann man verkürzt sagen, eine Klimakrise trifft auf die Pflegekrise.
Moderator
Wir haben es ja auch eben schon von Stefan gehört und hat dann auch noch spezielle Schutzkleidung an. Das macht es nicht besser, wenn es sowieso schon sehr warm oder heiß ist. Was gibt es jetzt für einen Unterschied zwischen der Schutzkleidung und der Arbeitskleidung und welche gesetzlichen Vorschriften gibt es bisher dazu?
Dr. Stefan Rakete
Die übliche Arbeitskleidung in der Pflege ist normalerweise ein Kasack, also T-Shirt und eine Hose. Das kennt vielleicht jeder diese blaue Kleidung. Bei bestimmten Situationen, das haben wir ja während der Corona Pandemie zu Genüge gesehen, ist zusätzliche Schutzkleidung vorgeschrieben, also bei infektiösen Patienten, und diese Schutzkleidung kann aus Schutzkittel, Handschuhen eine FFP 2 Maske und einem Gesichtsschild bestehen. Jetzt kann man sich das vorstellen, das ist natürlich noch ne zusätzliche thermische Belastung, weil dort einfach die Luftzirkulation behindert ist. Also wie wenn man im Sommer noch mal einen Pullover drüberzieht. Da gibt es auch wenig Spielraum beim Arbeitsschutz, das ist Vorschrift. Also man kann das nicht so einfach lockern, und deshalb müssen wir in solchen Situationen nach Lösungen suchen, wie wir trotz des Tragens von Schutzkleidung eine angenehme Arbeitsbedingung schaffen können.
Dr. Julia Scheurer
Ja genau, und dann gibt es eben auch diese Arbeitsstättenregelung, die sogenannte ASR 3.5. Mit diesem sperrigen Begriff.
Moderator
Das hört sich so herrlich Deutsch an wieder. Das ist der Wahnsinn, ja. Da freut sich jeder Beamte, jede Beamtin, das ist natürlich klar.
Dr. Julia Scheurer
Deswegen wollte ich das jetzt auch gerade noch mal so betonen. Und also in dieser ASR 3.5 werden Maßnahmen für die Innenraumtemperaturen beschrieben, aber erst ab einer Innenraumtemperatur ab 35 Grad muss wirklich der Arbeitsplatz auch geschlossen werden und davor gilt es eben Verhaltensanpassungen und Maßnahmen umzusetzen und vor allen Dingen auch zu empfehlen, wie zum Beispiel Getränke bereitzustellen oder auch den Schichtdienst anzupassen, die Pausen anzupassen. Aber da sieht man eben schon, das ist gar nicht so leicht umsetzbar in der Pflege und wenn wir uns die Beschwerden anschauen, die die Pflegekräfte hier angegeben haben, dann sehen wir auch, dass diese Arbeitsstättenregelung im Pflegebereich eben nicht ausreichen, sonst hätten wir ja nicht diese Vielzahl an Beschwerden und generell müssen wir eben gucken, wie wir die Hitzekompetenz erhöhen bei den Pflegekräften, aber eben auch bei den Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern.
Moderator
Wir haben auch eben von Stefan ja gehört, da ging das jetzt gar nicht bei dem Test bis 35 Grad, sondern da waren es ja schon 27 Grad und da wurde schon geklagt, dass ist natürlich schon ne Belastung ist ja und klar ne Pflegeeinrichtung im Krankenhaus, das kannst du jetzt ja eben mal nicht dicht machen abschließend und sagen so geht alle auf die Wiese, sondern dann muss es ja weitergehen irgendwie. Wir kennen das ja auch vom Zug, da fahren ja auch gerne mal Klimaanlagen aus und dann fährst du jetzt von München nach Kiel und bist lange mit dem Zug und dann: sorry Klimaanlage geht nicht, aber ich hab dir jetzt ein 0,5 Wasser, schönes Leben. Das wird einen nicht befreien von Belastungen, die man dann da ertragen muss. Was macht man denn den da jetzt, weil wenn jetzt schon diese sperrige Paragraph das regelt, das geht ja gerade wieder in der Pflege und im Krankenhaus nicht, da muss der Betrieb weiterlaufen.
Dr. Stefan Rakete
Stichwort Klimaanlage ist ein gutes Thema, weil man muss sagen, das ist jetzt kein deutsches Problem, aber wenn man in andere Länder schaut, da sind Innenräume fast durchgängig mit Klimaanlagen ausgestattet und in deutschen Einrichtungen, also in Krankenhäusern, ist das nicht immer der Fall. Und gerade in diesen speziellen Räumen kann es eben zu Problemen kommen an heißen Tagen. Ich hab mal auf einem Workshop jemanden aus Kanada getroffen, da ist die Situation auch n bisschen anderer, da sind die meisten Krankenhäuser deutlich jünger, weil einfach dieses Land noch nicht so alt ist. Und dort sind eben flächendeckend mit Klimaanlagen ausgestattet und die Person konnte gar nicht verstehen, dass wir so ne Studie überhaupt durchführen müssen, also die thermische Belastung von Pflegekrämpfen zu untersuchen, weil die es einfach nicht kennen. Also es fängt dann eigentlich schon bei der Planung von deutschen Krankenhäusern an, auch die Verschattungsmöglichkeiten sind häufig nicht so, wie sie sein sollten, die müssten eigentlich außen an den Fenstern angebracht sein, sind aber zum Teil nur Gardinen oder eben Rollos und dann ist die Hitze schon drin. Also das sind aber größere Punkte, die man nicht so einfach angehen kann. Letztendlich hängt es sehr stark von der jeweiligen Situation im Betrieb ab, welche Maßnahmen man wirklich ergriffen werden können oder ob zum Beispiel auch eine Lockerung der Kleidungsregel überhaupt zulässig ist. Und deshalb sind die von Julia angesprochenen Regelungen in der ASR 3.5 eben nicht so ohne weiteres auf die Pflege anwendbar.
Moderator
Trotzdem muss da ja was passieren. Man kann ja auch nicht sagen, oh sorry, du arbeitest leider in einem alten Krankenhaus, da gab es noch lange keine Klimaanlage, ich kenne tatsächlich jetzt subjektiv auch nur Krankenhäuser, wo es einfach nie Klimaanlagen gibt, da muss man ja was ändern, weil wir wissen ja mittlerweile, es wird immer heißer, also es gibt ja auch durchaus schon Schaubilder und Hochrechnungen von Klimazonen in Deutschland wissen wir zum Beispiel so Freiburg, Mannheim, Frankfurt. Da wird es in den nächsten 10 Jahren automatisch unaufhaltsam, ziemlich kuschelig warm und jetzt müsste man ja mal langsam anfangen, da auch baulich etwas zu verändern, denn wir haben jetzt schon über 30 Grad teilweise in Krankenhäusern, es kann noch knackiger werden.
Dr. Julia Scheurer
Genau also auf alle Fälle mussten wir baulich was verändern, das ist ganz klar, aber das sind nicht die Maßnahmen, die uns für diesen Sommer 2024 helfen, das sind die langfristigen Maßnahmen, die unbedingt notwendig ist, sowohl bei Neubauten als auch im Bestand, die Innenraumtemperaturen zu verringern, das ist ganz klar. Aber wir müssen eben auch gucken, was können wir jetzt für diesen Sommer 2024 machen, und das sind unterschiedliche Aspekte, man spricht hier oft von diesem TOP Prinzip, also wir müssen technische Maßnahmen, organisatorische Maßnahmen, aber auch eben pflegerische oder persönliche Maßnahmen umsetzen, um die Hitzebelastung zu verringern, und ganz wichtig ist, und das sehen wir auch immer wieder in den Gesprächen, die wir mit den Risikogruppen oder auch mit den Mitarbeitenden führen, dass die Mitarbeitenden mitgestalten möchten. Die möchten nicht von außen was aufgedrückt bekommen. Das habt ihr jetzt zu machen, oder? Das sind jetzt die Maßnahme, da habt ihr euch dran zu halten, sondern die möchten eben mitgestalten, das sind ganz ganz wichtige Aspekte, das heißt, zusammen mit den Mitarbeitern im jeweiligen Betrieb die Belastungsquellen auch zu identifizieren und dann eben in partizipativen, im Beteiligungsprozess zu sagen: OK, das sind unsere Belastungsquellen und was können wir dann eben auch als Schutzmaßnahme gemeinsam entwickeln und auch umsetzen, weil einfach jeder Betrieb sehr, sehr individuell ist. Je nachdem in welcher wie er liegt, wie die Bausubstanz ist, wie sich die Innenräume aufheizen, was für Außenanlagen auch bestehen. Also das ist eine sehr individuelle Geschichte und deswegen muss man da auch sehr individuell rangehen und eben alle mit ins Boot tun und kein Add-on mit dazu packen, da gibt es auch tatsächlich ganz lustige, kreative und zielführende Ideen aus den Einrichtungen, die wir gerade jetzt immer mehr kennenlernen.
Moderator
Dann Berichte doch bitte einmal von denen, weil ich kann mir auch gerade nicht so wirklich vorstellen, was man machen kann, außer ein Ventilator irgendwo hinstellen oder gleich 30.
Dr. Julia Scheurer
Also tatsächlich, das mit den Ventilatoren, das klingt jetzt lustig, aber das ist wirklich eine Maßnahme, die sehr gut angenommen wird, weil man die einfach sehr individuell gestalten kann. Ich kann den weg drehen, hin drehen, hochschalten. Wie auch immer. Aber es gibt natürlich auch unterschiedliche Maßnahmen, also ich habe mit einer Einrichtung hier in München, die wirklich mitten im Stadtzentrum liegt und insofern auch in so einer sogenannten Wärmeinsel, also der Wärme sehr ausgesetzt ist. Und die haben zum Beispiel ehrenamtliche mit ins Boot geholt, mit in die Einrichtung geholt, die dann eben mit den Heimbewohnerinnen und Bewohnern rausgehen, hier kleine mini Planschbecken aufgestellt haben und so, dass dort eben die Pflegebedürftigen auch ihre Füße reinstellen können und im Schatten sitzen können und auch beim Trinken unterstützt werden, die Trinkmotivation erhöhen. Also das sind so Aspekte die dann zum Beispiel über Ehrenamtliche abgedeckt werden, die die Pflegekräfte in ihrem Pflegealltag überhaupt gar nicht mehr schaffen umzusetzen. Dann gibt es auch sogenannte Hitze Challenges. Das ist jetzt ein neuer Aspekt, der letztes Jahr schon so ein bisschen aufgegriffen wurde, der dieses Jahr noch mal mehr stattfinden wird, in Rücksprache eben auch mit den Rückmeldungen der Mitarbeitenden. Also hier wird einfach in so einem Challenge Charakter eben die Hitzekompetenz erhöht und das sind so Maßnahmen, die ich sehr zielführend finde und auch gut angenommen werden.
Moderator
Kannst du die Challenge noch mal ein bisschen erklären? Ich stelle mir gerade vor, was macht man da, wer kann sich die meisten Eiswürfel kurz den Rücken runter gleiten lassen oder was ist das?
Dr. Julia Scheurer
Also das ist mit Sicherheit eine hervorragende Idee, aber da geht es auch mehr um die Erweiterung des Wissens also was weiß ich alles über die Gefahren von Hitze, wie kann ich Hitzeerkrankungen auch entdecken, woher weiß ich, welche Patienten besonders belastet sind und wie kann ich mich selber schützen und wie kann ich auch auf meine Kolleginnen und Kollegen achten und welche Maßnahmen muss ich ergreifen. Und das wird dann in so einem spielerischen Charakter eben auch umgesetzt und dargestellt und kann man sich auch gerne genauer anschauen und sich hier Inspirationen holen.
Moderator
Das finde ich auch voll interessant. Da muss man auf jeden Fall auch im Team drüber reden und Tipps und Tricks umsetzen, das ist ganz klasse und man kann ja sagen 14:30 Uhr, es gibt immer Wassereis, weil jetzt wird es langsam heiß, aber trotzdem gibt es da noch eigentlich nicht wirklich ne Lösung, weil jetzt challenged man sich so rum, aber es bleibt trotzdem heiß und man hat eigentlich immer noch nicht was Konkretes dagegen getan und ich habe auch eben wieder gehört, da kommen sehr viele Ehrenamtliche, die dann da wieder helfen. Das kann ja auch nicht immer die Lösung sein, weil ständig müssen Ehrenamtliche oder die Familien noch was zusätzlich Schultern und meistern, weil es letztendlich politisch wieder nicht richtig funktioniert oder baulich einfach nicht möglich ist.
Dr. Stefan Rakete
Das ist richtig, da müssen wir uns auf was anderes einfallen lassen und vor allem, wenn technische oder eine organisatorische Maßnahmen auch nicht möglich sind, dann muss es eben um persönliche Schutzmaßnahmen gehen und da planen wir am Institut für Arbeitsmedizin des LMU Klinikums München auch eine Studie, indem wir Interventionsmaßnahmen testen wollen und was wir uns vorstellen können und was auch in der wissenschaftlichen Diskussion bereits angekommen sind, ist das Verwenden von Kühlwesten. Diese Kühlwesten können getragen werden, um die Körpertemperatur zu reduzieren. Das ist jetzt auch keine Dauerlösung, also wir wollen jetzt auch nicht, dass Pflegekräfte dauerhaft Kühlwesten tragen, aber zumindest zu bestimmten Zeiten, wo die Temperaturen eben sehr hoch sind, sogenannte spitzen Zeiten und das abzupuffern.
Moderator
Interessante Maßnahme, auf jeden Fall ne. Jetzt kann man baulich nichts verändern erstmal, das ist ja auf jeden Fall mal wirklich ne konkrete Idee, klar nicht für immer gedacht, aber ich glaube solche Ideen auch mit dann technischer Hilfe hilft auf jeden Fall sofort.
Dr. Stefan Rakete
Genau und jetzt geht es sozusagen darum, auch geeignete Kühlwesten zu identifizieren und da ist auch die Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege sehr aktiv und versucht da eben, den Pflegekräften auch Hilfsmittel an die Hand zu geben.
Moderator
Und dann freut man sich, dass es endlich 7 Ventilatoren für die Station gibt und dann sagt der Patient Opa Günther: Nee, das zieht. Nimm das Weg. Man muss weiterhin kreativ bleiben.
Dr. Stefan Rakete
Aber ich glaub da hätt ich lieber ne gut gelaunte Pflegekraft als vielleicht n bisschen Zug im Nacken.
Moderator
Haha genau.
Dr. Julia Scheurer
Also diese Kühlwesten, die du gerade erwähnt hast, Stefan, die sind mit Sicherheit ein ganz hilfreiches Mittel und ich bin total gespannt, wie auch die Pflegekräfte darauf reagieren und wie die angenommen werden und wir müssen einfach, glaube ich, ganz viele verschiedene Maßnahmen auf dem Schirm haben, sozusagen eine Art Blumenstrauß von Hitzeschutzmaßnahmen, die dann eben die jeweilige Einrichtung auch anwenden kann und das müssen wir einfach auch machen, weil die gesetzlichen Regelungen momentan eben noch nicht ausreichen, an denen wird gerade gearbeitet. Auch das BMAS ist da gerade dran, in einer Politikwerkstatt mit vielen Expertinnen und Experten daran zu arbeiten. Wie können eben bestimmte Tätigkeitenfelder besser auf die Hitze angepasst werden, und auch darauf sind wir sehr gespannt, also insofern ist da schon sehr viel Bewegung drin, und dass es soweit ist für diesen Sommer 24 müssen wir einfach eben uns aus diesem ja Blumenstrauß von Maßnahmen bedienen, die wir gerade auch genannt haben.
Moderator
Also wie du gesagt hast, das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat da dann auch schon mal jetzt den Finger drauf, dann kann es da ja vielleicht auch dann mit größeren Schritten vorangehen.
Dr. Julia Scheurer
Ganz genau.
Moderator
Also es passiert was, wir versuchen uns da gut vorzubereiten und jeder und jede, die Ideen hat, was man denn machen kann, wenn es eben sehr, sehr heiß wird und es keine Klimaanlage gibt, dann auf jeden Fall immer der Teamleitung Bescheid geben. Die BGW, die hat einige Infos zum Thema Hitzebelastung und auch gesetzliche Regelung auf ihrer Webseite zusammengefasst. Alle Links haben wir natürlich auch wie immer für Euch in die Show Notes gepackt. Julia, Stefan, vielen Dank für eure Zeit und für eure Tipps.
Dr. Stefan Rakete
Vielen Dank für die Einladung.
Dr. Julia Scheurer
Vielen Dank für die Einladung auch von mir.
Moderator
Herzschlag für ein gesundes Berufsleben findet ihr überall dort, wo es Podcasts gibt und natürlich auch auf der Webseite der BGW www.bgw-online.de/podcast Wenn ihr mehr hören möchtet, ja dann freuen wir uns immer über Community Zuwachs. Klickt gerne mal auf Podcast Abo bei eurer Lieblingsapp, mit der ihr gerade hört und dann verpasst ihr keine Folge mehr, bis zum nächsten Mal. Nicht schwitzen!
Jingle
Herzschlag, für ein gesundes Berufsleben, der BGW Podcast
Interviewgäste
Dr. Julia Schoierer
Praktikerin in der Arbeitsgruppe, die nah an den Einrichtungen arbeitet, Medizinpädagogin - Arbeitsgruppenleitung
Ludwig-Maximilians-Universität Klinikum und Agentur ecolo in Bremen
Dr. rer. Nat. Stefan Rakete
Der Wissenschaftler gehört zur Forschungsgruppe – siehe Abschlussbericht thermische Belastung in der stationären Pflege
Arbeitsgruppenleiter
Für unseren BGW-Podcast "Herzschlag - Für ein gesundes Berufsleben" nutzen wir den Podcast-Hosting-Dienst Podigee des Anbieters Podigee GmbH, Schlesische Straße 20, 10997 Berlin, Deutschland. Die Podcasts werden dabei von Podigee geladen oder über Podigee übertragen.
Wenn Sie unseren Podcast anhören, erfolgt eine Datenverarbeitung auf Grundlage unserer berechtigten Interessen, d.h. Interesse an einer sicheren und effizienten Bereitstellung, Analyse sowie Optimierung unseres Podcastangebotes gem. Art. 6 Abs. 1 lit. f. DSGVO.
Podigee verarbeitet dann IP-Adressen und Geräteinformationen, um Podcast-Downloads/ Wiedergaben zu ermöglichen und statistische Daten, wie zum Beispiel Abrufzahlen zu ermitteln. Diese Daten werden vor der Speicherung in der Datenbank von Podigee anonymisiert oder pseudonymisiert, sofern Sie für die Bereitstellung der Podcasts nicht erforderlich sind.
Weitere Informationen und Widerspruchsmöglichkeiten finden sich in der Datenschutzerklärung von Podigee: podigee.com/de/about/privacy/.
Vom Fingerknacken bis zum Sonnenbrand – welche Gesundheitsmythen stimmen wirklich? #96 BGW-Podcast "Herzschlag - Für ein gesundes Berufsleben"
Es gibt jede Menge Gesundheitsmythen. Einige davon haben wir euch bereits in Folge 90 beantwortet. Heute nehmen wir vier weitere für euch unter die Lupe: Bekomme ich einen Sonnenbrand im Schatten? Führt Fingerknacken zur Arthritis? Und kann ich dauerhaften Schlafmangel wirklich wieder aufholen?
Über all diese Mythen sprechen wir auch in dieser Folge mit Dr. Natasha Schlothauer aus Bremen. Habt ihr noch Mythen, die wir uns mal genauer anschauen sollen? Schreibt uns gerne eine Mail an podcast@bgw-online.de.
Hier kommen Sie zum Transkript dieser Folge
Erzählerin:
Ralf, wartest du bitte noch ein bisschen? Du hast doch gerade erst gegessen, da kann man noch nicht wieder in den Pool hüpfen.
Moderator:
Habt ihr das früher im Urlaub auch immer zu hören bekommen? Ja, dann musste man gelangweilt am Beckenrand sitzen und warten, bis man endlich ins Wasser durfte. Dieses blöde Verdauen, gehe ich wirklich elendig unter, wenn ich direkt nach dem Essen ins Wasser hüpfe. Diese Frage, die klären wir heute endgültig. Außerdem habe ich in dieser Podcast Folge noch eine weitere Ladung Gesundheitsmythen für euch, die endlich ein für alle Mal geklärt werden. Ich bin Ralph Podszus und ich freue mich, dass ihr am Start seid. So Mythen, dann kommt mal.
Jingle:
Herzschlag für ein gesundes Berufsleben der BGW Podcast
Moderator:
Dr. Natasha Schlothauer aus Bremen, die ist bei mir, ihr kennt sie aus der Herzschlagfolge: „Richtig oder falsch?“. Wir checken Gesundheitsmythen ja, hört ihr gerne mal rein, wenn ihr es noch nicht getan habt, wie der Folgentitel verrät, haben wir da schon einige Mythen rund um die Gesundheit gemeinsam mit Natascha aufgedeckt und genau da machen wir heute weiter. Hallo Natasha.
Natasha:
Hallo Ralf.
Moderator:
Wir fackeln nicht lange, wir starten direkt rein in den ersten Mythos. Bist du bereit?
Natasha:
Ja, ich bin bereit und ich bin schon wieder ganz gespannt.
Erzähler:
Fingerknacken führt zu Arthritis.
Moderator:
Ist das so? Das ist die Frage. Ich kann das ja gar nicht sehen und vor allem kann ich es auch gar nicht hören. Dieses Gelenke knacksen die ganze Zeit, wenn es so neben mir Leute machen, dann uah ein fieses Geräusch, packe ich nicht. Aber ist es jetzt wissenschaftlich bewiesen, dass knacken tatsächlich zur Arthritis führt?
Natasha:
Da kann ich schon mal ein ganz klares Nein sagen. Das ist es nicht, ganz im Gegenteil, aber ich kann auch sagen, das Knacken, das finde ich auch immer ganz widerlich. Und als ich früher noch in der Schule saß, und das haben dann immer meine Klassenkameraden gemacht. Oh, gruselig. Übrigens können nicht alle Menschen knacken, es kann ungefähr nur die Hälfte der Menschen mit den Fingern knacken und ich kann es zum Beispiel gar nicht, deswegen konnte ich da nie mithalten. Ja, aber jetzt noch mal zurück zu seiner Frage, darüber gibt es ein paar Studien und bisher gibt es überhaupt keine Belege dafür, dass kurz und langfristige negative Auswirkungen durch Fingerknacken verursacht werden können. Es gibt da eine ältere Studie mit 300 Teilnehmern, die waren so im Alter zwischen 45 bis 74 Jahre und da hat man festgestellt, also wie gesagt, Arthritis gar nicht und Arthrose auch nicht, aber die Hände sind manchmal häufiger ein bisschen mehr geschwollen bei den Fingernknackern und die Griffstärke so vom Handmuskel her, die ist auch etwas erniedrigt bei den Fingerknackern. Und was man auch sagen kann, in einer anderen Studie. Da haben so 40 Teilnehmer dran teilgenommen, da hat man herausgefunden, dass die Beweglichkeit in den Fingergelenken bezogen auf Beugung und Streckung etwas größer ist bei den Fingerknackern als bei denen, die das nicht mit den Fingern können. Und dann kann ich noch von einer Studie berichten, das war eine Selbststudie eines Wissenschaftlers, der hat tatsächlich 50 Jahre lang jeden Tag die Finger seiner linken Hand zweimal geknackt und die seiner rechten Hand hat er überhaupt nicht geknackt, also wirklich ein super Vergleich. Und auch da hat man keine Arthrose oder beziehungsweise vorübergehende Arthritis in den beiden Händen feststellen können. Insofern glaube ich, kann ich dich ganz gut beruhigen. Auch wenn du es nicht kannst, aber es führt zu keinen gesundheitlichen Schädigungen.
Moderator:
Ja, ich kann das auch nicht. Bei mir knackt das auch nicht. Ich kann meine Knochen, meine Daumenknochen vor allem so hin und herschieben, es ist auch super eklig. Schwacher Knochen, sehnenbau sag ich nur, aber es knackt nicht genau, ja hören kann ich es wirklich nicht, Manche Menschen die gehen zum Blockadelösen ja auch direkt zum Chiropraktiker oder zur Chiropraktikerin ist es grundsätzlich gesund Gelenke und Knochen knaxen zu lassen?
Natasha:
Genau. Also da müssen wir unterscheiden. Finger knacken macht ja nicht wirklich Sinn, außer dass man dann vielleicht sein gegenüber so n bisschen ja irritieren will. Die Leute, die mit dem Finger knacken, die sagen…
Moderator:
Genau sagt das denen mal. Die sollen aufhören mit diesem dämlichen Finger knacksen.
Natasha:
Ja, früher auch immer gesagt.
Moderator:
Das bringt gar nichts. Hört’s endlich mal auf. Hahah
Natasha:
Also das Einzige, was sie natürlich sagen, sie empfinden subjektiv so einen Spannungsabfuhr, aber medizinischer Nutzen ist da überhaupt nicht dabei vorhanden.
Moderator:
Ich bin dann gespannt, wenn die das machen.
Natasha:
Ja, ich auch. Ich bin sehr angespannt, ich bin vor allen Dingen dann wirklich. Aber beim Chiropraktiker, das ist hat ja tatsächlich ein total medizinischen nutzen, wenn du da hingehst und da deine Blockaden lösen möchtest. Blockaden hat man ja immer mal und ganz viele, die lösen sich ja auch von alleine, indem du dann weiß ich nicht, dann hüpfst du auf den Beinen oder dann drehst du deinen Kopf, wenn du im nachts schlecht gelegen hast, morgens aufstehst, dann hast du ja vielleicht auch manchmal so das Gefühl, boah, ich muss mich mal recken, strecken. Unser Hund macht das übrigens immer, der löst seine Blockaden jedes Mal morgens, wenn er aufsteht. Naja, ich mach das nicht so, aber auch ich hör dann tatsächlich mal so ein Knacken im Kopf, praktisch in der kleinen Halsmuskulatur, das ist aber alles nichts schlimmes. Und solche Blockaden, wenn die sich nicht von alleine lösen, dann stehen die Gelenkflächen ein bisschen verschoben. Man würde das nie auf dem Röntgenbild sehen, aber es ist so und diese Verschiebung dieser kleinen Gelenkflächen, die führt dann zu Dysbalancen in der Muskulatur. Also du hast dann praktisch, du hast ja meistens immer 2 Muskeln, die für eine Bewegung zuständig sind, und wenn das eine Blockade ist in dem Gelenk, dann ist die eine Seite der Muskulatur viel mehr gedehnt oder verspannt und die andere nicht, und das führt dann eben zu so einem Ungleichgewicht, dieser sogenannten Dysbalance. Und dann macht es total Sinn, zum Chiropraktiker zu gehen, dass der eben diese Gelenkflächen wieder richtig regelhaft aufeinanderstellt, damit der Muskel wieder ausgeglichen mit seinem anderen Gegenspieler zusammenarbeiten kann. Und dadurch werden natürlich dann auch Druck auf Nervenbahnen reduziert, weil die Gelenkflächen eben wieder schön übereinander stehen. Man hat dann eine normale Beweglichkeit und dabei kann es dann auch schon mal knacken, das ist aber ein Nebeneffekt und nicht der gewollte Haupteffekt, den die Fingerknacker haben.
Moderator:
Ich bin auch immer davon ausgegangen, dass das Knackgeräusch die Knochen sind, die wieder an Ort und Stelle rücken. Ist aber nicht so. Woher kommt das Geräusch wirklich?
Natasha:
Ja, spannende Frage. Und das fanden ganz viele schon spannend. Deswegen gab es da auch schon ganz viele Untersuchungen zu, unter anderem hat man einmal mit einem MRT, also das ist diese Magnetresonanztomographie, auch Bildchen darüber geschossen. Und um das zu verstehen, muss man so ein bisschen in die Anatomie rein gehen. Ein Gelenk besteht ja immer aus 2 sich gegenüberliegenden Knochenenden und damit das Ganze ein bisschen kompakt zusammengehalten wird, ist um diese Enden eine Kapsel. Die Kapsel ist ziemlich derb, aus Bindegewebe und hält eben diese Knochenenden zusammen, sodass sie ein Gelenk binden. In dieser Kapsel ist ganz viel Flüssigkeit ist um die Knochenenden herum und auch in dem Spalt, der zwischen diesen Knochenenden liegt. Also diese Flüssigkeit verhindert auch, dass Knochen dann bei Bewegung aufeinander reiben. Du kannst dir das so vorstellen, wenn du so ne alte Schranktür hast und da sind Scharniere drin und da ist eben dann nicht genug Öl dazwischen, dann quietscht das auch und dann knarrt das und deswegen macht es immer Sinn, dass Flüssigkeit in solchen Gelenken vorhanden ist. Das hat unser Körper auch und in dieser Flüssigkeit in unserem Körper, da sind auch Gase gelöst, zum Beispiel Kohlendioxid CO 2. Und wenn ich jetzt so ein Gelenk auseinanderziehe wie bei den Fingern. Kommt in diesem Gelenkspalt, wo die Flüssigkeit drin ist, ein. Unter Druck der Unterdruck führt dazu, dass sich die gelösten Gase in so kleine Bläschen jetzt umformen. Die bilden Blasen, und je mehr dieser Unterdruck ist, desto größer wird die Blase und irgendwann platzt diese Blase und das was du dann hörst, dieses Blasenplatzen, das ist das Knackgeräusch. Das kann übrigens ziemlich laut werden bis zu 80 Dezibel, und wenn du dich jetzt fragst 80 Dezibel ist ja schön, was ist denn das ungefähr, kannst vergleichen mit dem Rasenmäher, wenn du deinen Rasenmäher anwirfst, dann hast du auch ungefähr 80 Dezibel, also schon ziemlich laut, dass das, was wir hören. Du kannst ja nicht unendlos knacken lassen. Also wenn du einmal gezogen hast, dann sind die Bläschen ja schon relativ schnell geplatzt und dann kannst du ja so ziehen, so viel wie du willst. Da kommt ja nicht gleich das nächste Knackgeräusche muss ja schon nichts Finger nehmen, das liegt eben daran, dass sich diese Gase erst wieder lösen müssen in der Gelenkflüssigkeit. Und wenn die wieder gelöst sind, dann kann es von vorne losgehen, die brauchen da so ein paar Minuten für und dann kannst du wie gesagt wieder knacken mit dem selben Finger und wieder andere nerven.
Moderator:
Sehr, sehr interessant, auf jeden Fall. Also haben wir wieder was gelernt. Jetzt hast du so viel davon geredet, das ist finde ich mein ganzer Nacken und alles schon völlig verspannt. Ich muss mal ganz kurz mal eben meinen Kopf wieder einrenken, Moment.
Knack knack.
Natasha:
Hahaha.
Moderator:
Sehr schön. Also Fingerknacken führt nicht zu Arthritis, aber wir halten fest, man muss es nicht machen, fertig, hier ist der nächste Mythos.
Erzähler:
Lärmschwerhörigkeit ist heilbar.
Moderator:
Lärmschwerhörigkeit. So die Baustelle neben dem Büro, der Presslufthammer, der läuft auf Hochtouren. Ja, und dabei soll man dann auch noch arbeiten, sich konzentrieren können. Manche Menschen sind ständigen Lärm am Arbeitsplatz ausgesetzt und das kannst zu Lärmschwerhörigkeit führen. Ist die denn heilbar, Natasha?
Natasha:
Nein, ganz definitiv ist Lärmschwerhörigkeit nicht heilbar und ich möchte dir das ganz gerne mal erklären warum auch. Weil tatsächlich Lärmschwerhörigkeit ganz häufig vorkommt. Ist auch mit die Berufskrankheit. Wenn du tatsächlich durch den Beruf am Arbeitsplatz schwerhörig geworden bist, durch den Lärm, dann kannst du das auch als Berufskrankheit anerkennen lassen. Also zumindest erstmal ein Antrag stellen, aber meistens wird tatsächlich Lärmschwerhörigkeit auch anerkannt. Also das gehört zu den Berufskrankheiten, die noch am häufigsten anerkannt werden und deswegen ja möchte ich eigentlich da noch ein bisschen mehr einsteigen in die Frage und nicht einfach nur nein, sagen. Lärmschwerhörigkeit ist immer eine Schallempfindungsschwierigkeit. Was heißt das also, was ist überhaupt Lärm erstmal? Lärm definieren wir als hörbaren Schall, den wir negativ empfinden und was ist jetzt Schall dazu dann eben auch noch mal. Schall, das sind so wellenförmige, aus sich ausbreitende Schwingungen, hat ein bisschen was mit physikalischer Energie zu tun, da wird nämlich Luft zusammengedrückt, dann dehnt sie sich wieder aus, und das ganze Macht dann die Welle oder auch in dem Fall Druckwelle. Durch diese Druckschwankungen zusammendrücken, auseinander zusammendrücken, auseinander, das nennt man Schall. Jetzt müssen wir auch so ein bisschen in die Anatomie und die Physiologie des Ohres hineingehen. Wie passiert denn so das Hören, also wir hören ja erst mal, der Schall kommt ja aufs Ohr drauf zu und wird eingefangen durch die Ohrmuschel, das ist eigentlich ein großer Trichter, der diese Schallwellen einfängt und so ein bisschen konzentriert und durch den Gehörgang ins Mittelohr leitet. Im Mittelohr treffen sie dort auf das Trommelfell. Und im Trommelfell passiert auch nichts anderes, als dass diese Druckwelle, die von außen eingefangen wurde, das Trommelfell dehnt. Das drückt nämlich da drauf, also wie bei einer Pauke, wenn du da mit einem Paukenschlegel draufhaust, dann würde sich ja diese Paukenhaut, dieses Fell dann ja auch ausdehnen und ein Klang weiterleiten. Dieser Klang, wenn dieses Trommelfell sich jetzt so dehnt und wieder zusammenzieht, wird übertragen auf die Gehörknöchelchen und dort fangen die auch an zu schwingen. Diese Schwingung wiederum werden auch wieder übertragen auf das Innenohr jetzt und im Innenohr, da haben wir einen Schlauch, der wieder mit Flüssigkeit gefüllt ist. Flüssigkeit spielt im Körper bei uns ja sowieso immer eine ganz große Rolle. Diese Flüssigkeit, die fängt an zu schwingen durch diese Druckwelle. Es ist auch ähnlich so, wenn du am Strand stehst und Wasser siehst, hast du ja auch ständig Wellen, macht ja auch einen gewissen Druck, breitet sich schön aus und läuft eben auch in dieser Flüssigkeit weiter aus. Diese Flüssigkeit trifft dann im Innenohr auf so ganz kleine Haarzellen, das sind Rezeptoren, die sich in der sogenannten Schnecke im Innenohr befinden, und diese Haarzellen sind wirklich Mikro, die kannst du kaum sehen, also unter Mikroskop schon, aber sonst würde man die nicht sehen, also auf keinen Fall so dick wie unsere Haare. Und wenn die jetzt diese Haarzellen bewegt, diese Flüssigkeit, dann werden dort praktisch elektrische Impulse gebildet, die dann über den Hörnerven an unser Gehirn gesendet werden. Und dann hören wir ersten Ton, also das muss das Gehirn ja verarbeiten, wir hören ja nicht im Ohr den Ton. Sondern wir können das dann interpretieren im Gehirn. Und wenn du dir jetzt vorstellst, dass diese kleinen Härchen jetzt mit einer wahnsinnig starken Druckwelle zusammentreffen, dann gehen die kaputt, die verkleben, und je höher die Druckwelle, desto mehr Schäden halt auch an diesen kleinen Herden. Und die Druckwelle ist eben größer, je lauter der Ton ist. Kannst du dir vorstellen, wenn du so Disco bist, laute Musik oder du machst selbst Musik und kommst da ordentlich so in Ektase oder so, dann hast du schon ordentlich Druck auf den Ohren und diese kleinen Härchen verkleben. Und das kann man eben nie wieder reparieren und deswegen ganz klares nein, bei der Lärmschwerhörigkeit sind die einmal verklebt, die Härchen. Da wächst nichts mehr.
Moderator:
Ständiger Lärm, der führt auch zu psychischen Belastungen. Wie kann ich mich davor schützen?
Natasha:
Ja, psychische Belastung, aber auch physische, psychische Belastungen werden Ja bei ständigem Lärm erst mal eine innere Anspannung, eine erhöhte Reizbarkeit, die kann bis zur Aggression führen. Du kannst dich nicht mehr richtig konzentrieren, der Denkprozess wird verlangsamt und du kannst auch eben manchmal dann mechanisch gar nicht mehr so fein arbeiten, weil wir eben die Konzentration auch fehlt. Physisch, aber auch das möchte ich auch nochmal betonen, hast du unheimlich Stress durch diesen Lärm. Der Blutdruck steigt, der Magen Darm wird aktiver, du schwitzt einfach als Stresssymptome. Ja, wie kannst du dich jetzt wohl davor schützen? Am besten, indem du Gehörschutz aufsetzt, also entweder Stöpsel in die Ohren packst, Ohropacks können auch schon bis zu 30 Dezibel senken, es gibt manchmal solche Stöpsel auch vom Betrieb, die an einem Bügel sind, dann hast du praktisch so wie wir unsere Kopfhörer aufhaben, hast du dann eben so einen schmalen Bügel mit diesen kleinen Stöpseln dran. Das ist manchmal ganz hilfreich, weil wenn du nur die Stöpsel im Ohr hast, dann fallen die dir ständig raus irgendwie. Und ich habe früher bei der BG Bau gearbeitet, da lagen die dann immer im Sand bei den Bauarbeiten. Wenn du so Bügelstöpsel hast, kannst du dir die eben auch ganz bequem in den Nacken packen und dann wieder aufsetzen, wenn du sie brauchst. Dann gibt es natürlich richtig schön sogenannten Kapselhörschutz, das sind auch Micky Mäuse genannt, das sind diese ganz dicken, die auf den Ohren sitzen, die eigentlich cool aussehen und die Jugendlichen da ja, naja, jetzt gar nicht mehr so rumlaufen, weil sie ja schon alle diese In-Ears haben. Aber früher sah das ja mal cool aus mit diesen dicken Kopfhörern rumzulaufen und es gibt in manchen Betrieben auch sogenannte Otoplastiken, das sind angefertigte, wenn du so willst auch wieder Ohropacks-Hörstöpsel, die sind dann aber individuell auf deinen Gehörgang geformt. Sind aus dem Silikonzeug und halten so ein Jahr oder so. Kann man immer gut reinigen, aber die sind auch schon sehr teuer und deswegen zahlt das nicht jeder Betrieb. Die nächste Möglichkeit, wie du dich davor schützen kannst, ist Abstand von der Lernquelle zu halten, du hast ja gehört Druckwelle und je weiter du von der Quelle weggehst, desto geringer ist die Druckwelle dann auch, das ist ein bisschen Abstands Gesetz.
Moderator:
Heißt dann auch Hallo, lieber Arbeitgeber, liebe Arbeitgeberinnen, die 2 Baustellen direkt für meinen Arbeitsplatz, die zwingen mich jetzt ins Home Office.
Natasha:
Das kann man nicht ganz so pauschal sagen, weil der Arbeitgeber erst verpflichtet ist, ab einer Dezibel Lautstärke von 80 überhaupt dem Mitarbeiter anzubieten eine sogenannte arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchung zu machen. Da wird dann ein Hörtest gemacht und wird geguckt, oh, wo kann das schon nicht so gut hören und er muss dann natürlich auch schon bei 80 Dezibel einen Gehörschutz anbieten, anbieten muss er das. Wenn ich über 80 Dezibel, also über 85 Dezibel bin, dann muss der Arbeitnehmer den Gehörschutz auch tragen. Also er muss ihn anweisen, den zu tragen. Der Bereich der Lernbereich ist, muss dann gekennzeichnet werden, ich glaub du kennst diese Piktogramme, die sind blau mit so einem weißen Kopf mit Kopfhörern drauf, das sind immer diese Piktogramme, die sagen, da ist Gehörschutz mindestens angeboten, wenn nicht sogar Pflicht ihn zu tragen. Du kannst sogar, wenn du spitzengrenzwerte von 135 Dezibel erreichst. Das ist zum Beispiel, wenn du Schussübungen machst. Da sollst du ja sowieso Kopfhörer tragen. Aber früher haben die das ja nicht getan. Und ich hab schon mal ganz viele Leute, die bei der Bundeswehr gearbeitet haben, untersucht.
Moderator:
Ich mach so selten Schussübungen Natasha.
Natasha:
OK, ja, ich tatsächlich auch nicht, aber tatsächlich vor n paar Wochen stand ich neben einer und hatte natürlich nicht meinen Gehörschutz dabei, weil es ja völlig unvorbereitet war und das hab ich schon gemerkt. Das klingt ganz schön und spontan kriegst du erstmal ein Tinnitus und wenn du Pech hast, hast du dann bleibenden Hörverlust oder ein Trommelfellriss? Das kann natürlich auch passieren.
Moderator:
Du hattest eben auch einmal kurz die In-Ear Kopfhörer erwähnt, dann klären wir doch mal ganz schnell, wie oft sollte man die reinigen, weil da klebt nämlich gerne mal ein fetter Keim dran.
Natasha:
Ich nenn die ja Schmalzbohrer. Also mindestens einmal am Tag solltest du die reinigen. Also ich bin da jetzt tatsächlich gar nicht so der Wissende, ob man die unters Wasser halten kann, weil ich solche Dinger nicht habe, weil ich sie immer n bisschen ekelig finde. Ich finde ja schon die Ohrstöpsel vom Stethoskop ekelig. Aber was du natürlich immer machen kannst, ist mit diesen sogenannten Desinfektionstüchern einmal rüber reiben, das können die ab, damit kannst du ja auch Display reinigen und viele andere Sachen und das reicht dann auch schon aus und das würde ja aber tatsächlich vielleicht auch mal mehrmals am Tag machen, kommt natürlich drauf an wie oft du die da reinsetzt.
Moderator:
Also da haben wir auch wieder gelernt, jeden Tag, wer macht das schon lieber mal tun. Ja, und zum Thema Lärm am Arbeitsplatz, man muss eben nicht alles aushalten, der Arbeitgeber, die Arbeitgeberin sind hier gefragt, aber sie können einiges machen, damit man trotz Lärm eben dort auch bleiben kann und muss. Wir halten, aber fest, der Mythos Lärmschwerhörigkeit ist heilbar. Nee, ist es nicht, darum eben Obacht, jetzt kommen wir zum nächsten Mythos.
Erzähler:
Schlafmangel kann man aufholen.
Moderator:
Wer kennt es nicht die ganze Woche über wieder viel zu wenig geschlafen macht ja nix, weil am Wochenende schlafe ich mich mal so richtig aus, diesen Satz, den hören Eltern sehr ungerne, denn der Schlafrhythmus bei Kindern, der ist auch am Wochenende meist nicht anders, aber viele denken kann man Schlaf einfach so wieder aufholen, indem man einfach nach ein paar Tagen mal so ein bisschen länger schläft.
Natasha:
Da würde ich Ihnen jein sagen. Ja, das kann man, aber nur bis zu einem ganz gewissen Grad. Also du kannst ein bisschen Schlaf Defizit aufholen, indem du einfach mal mittags dich so 20 Minütchen hinlegst, aber bitte nicht länger als 20 Minuten, weil sonst bist du noch müder. So ein Power Napping machst, dann kann man das schon aufholen und wenn man mal 2 Nächte nicht wirklich gut geschlafen hat, dann macht das auch nicht so viel aus, weil der Körper sich das dann in der dritten Nacht in der Regel auch schon von alleine holt, indem du einfach abends früher müde wirst und dann auch früher einschläfst und dadurch dann auch länger schläfst. Aber wovon reden wir denn jetzt hier Schlafdefizit? Das ist ja ganz individuell, also man sagt, Menschen brauchen, ungefähr wenn sie erwachsen sind, so zwischen 7 und 9 Stunden in der Nacht. Kinder brauchen natürlich mehr, die können bis zu 14 Stunden brauchen. Aber wir brauchen so 7 bis 9, ist bisschen abhängig vom Alter und aber auch von den individuellen Bedürfnissen. Also ich zum Beispiel komm super mit sechseinhalb bis 7 Stunden aus und das wäre ja sonst schon wieder fast ein Schlafdefizit. Ich hab aber das Gefühl nicht, weil ich fühle mich gut und dann ist es für mich auch noch nicht so wirklich das Schlafdefizit würde ich jetzt allerdings ständig unter 6 Stunden pro Nacht schlafen und das tun immerhin ein Viertel der Menschen. Dann muss man da sagen, das ist dann schon ein Schlaf Defizit, also Alter hin, individuelle Bedürfnisse her, unter 6 Stunden führt schon zu einem Schlafmangel und dann kann eben auch Folgen haben. Aufholen kannst du denen wie gesagt, wenn es so kurzfristiger Schlafmangel ist, ganz gut im Mittagsschlaf. Wenn du jetzt über Wochen schlecht schläfst, dann würde ich dir immer raten, das nicht sofort zu versuchen wieder alles aufzuholen, sondern dann müsste man das so ein bisschen Strecken über eine ganze Woche in dem man jeden Tag dann so ein Stündchen eher früher ins Bett geht und dadurch dann eben aufholt. Aber das ist immer schwierig so ein Dauerschlafdefizit wieder aufzuholen.
Moderator:
Ich bin ja ein Kurzschläfer. Einige fragen mich auch immer, wie schaffst du das, alles, was machst du alles und so. Ich schlaf halt einfach kaum und ich bin der, der zu diesem Viertel gehört, ich schlafe immer unter 6 Stunden und mein Körper weiß auch sofort wenn ich ins Bett gehe Oh Achtung Achtung Leute, der ist im Bett sofort einschlafen ich schlafe auch immer sofort ein Aber ich bin nie müde und so, trotzdem kenne ich den Satz wer zu wenig schläft stirbt früher. Soll er mal auf dem Grabstein stehen, jetzt, wo ich mich aus nach dem Motto. Was sind die Folgen von zu viel Schlafmangel, auch wenn man es vielleicht gar nicht spürt, wenn man regelmäßig zu wenig schläft, wie ich.
Natasha:
Ja, du, vielleicht passt es einfach auch zu dir gut, aber muss man auch sagen, klar schläfst du schnell ein, ich Schlaf auch super schnell ein, aber ich Schlaf manchmal nicht durch und das führt natürlich auch zum Schlafmangel, wenn du nicht durchschläfst. Ich lieg dann auch nicht stundenlang wach, aber es ist einfach ein gestörter Schlaf und das ist auch nicht gut. Folge davon ist zum Beispiel Müdigkeit, Konzentrationsstörungen, du kannst dich schlechter konzentrieren. Du bist nicht mehr so aufmerksam und deine Reaktionszeit ist nicht mehr so schnell. Das alles führt irgendwann zu Depressionen, weil du halt gefrustet bist. Du bist funktionierst einfach nicht mehr so gut. Depression kannst du haben, kannst Angst haben, dass du was nicht mehr richtig schaffst. Du kriegst Stimmungsschwankungen, das wäre ja erst mal nur das, was du noch nicht so richtig merkst. Körperlich an den Organen. Aber du kannst Kopfschmerzen kriegen durch Veränderungen, dadurch, dass sich die Zellen einfach nicht mehr so gut regenerieren im Schlaf. Du sollst ja im Schlaf, das wäre nicht einfach nur, dass du abschaltest, sondern du sollst im Schlaf erlebtes verarbeiten. Du sollst dich von der Muskulatur her erholen, weil du viel gelaufen bist, viel auf den Beinen warst, viel gehoben hast. Also die Muskeln müssen sich wieder regenerieren. Zellen sollen wachsen oder sollen sich erneuern. Und das alles hast du ja nicht, wenn du zu wenig schaffst. Oder sagen wir mal so, zu wenig Erholung dann und dann kann eben auch Organe krank werden. Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind die Folge, Muskelverspannung, Diabetes, Fettleibigkeit und Fettstoffwechselstörungen können auch davon resultieren, alles nicht wirklich schön und es lohnt sich schon sich mal ein bisschen zu regenerieren im Schlaf.
Moderator:
Natasha, jetzt drücken wir aber auch den noch mal einen rein, die viel zu lange schlafen. Das ist nämlich auch nicht gesund.
Natasha:
Nee, das stimmt, da hast du recht, zu viel Schlaf ist auch nicht gesund, zu viel Schlaf fängt so ab 10 Stunden an und dann hat man tatsächlich in Studien dann auch schon festgestellt, dass das Schlaganfallrisiko steigt, und zwar auf 46%. Das ist schon fast das Doppelte. Naja ne das Doppelte nicht ein Viertel mehr, weil das Doppelte wären ja 100. Na gut, egal wie auch immer, 46% mehr größeres Schlaganfallrisiko besonders gefährdet sind sogar die Frauen. Jetzt frag mich, warum es die Frauen sind, man hat es einfach so festgestellt in den Studien und auch Leute die jetzt neu Langschläfer sind, also die die schon dran gewöhnt sind und immer irgendwie von der Genetik her vielleicht auch einfach schon ein bisschen mehr Schlaf brauchen, die fallen da nicht so darunter, aber die, die es eben jetzt neuerdings machen, die haben eben auch ein zu hohes Risiko. Das weitere Risiko ist, dass ein sogenanntes metabolisches Syndrom sich entwickelt. Das ist tatsächlich auch nachgewiesen. Wenn du über 10 Stunden pro Nacht schläfst, dass du das bekommen kannst. Metabolisches Syndrom, das sind mindestens 3 verschiedene Symptome das ist einmal Übergewicht, dann eine Steigerung des Blutdrucks, ein Bluthochdruck und eine Fettstoffwechselstörung. All diese 3 Dinge zusammen können durch zu viel Schlaf auch entstehen, übrigens auch bei zu wenig Schlaf, aber das führt dann dazu, dass man dann vielleicht auch eher stirbt. Also egal ob du nun zu viel oder zu wenig hast, die Lebenszeit könnte sich dadurch verkürzen.
Moderator:
Also Schlafmangel kann man aufholen, ist so ein Jein von dir. Man sollte einfach generell drauf achten, dass man gut und normal schläft. Die Zellen müssen sich eben erholen und dann ist das Immunsystem auf jeden Fall auch gestärkt. Der nächste Mythos.
Erzähler:
Wolken und Schatten schützen vor Sonnenbrand.
Moderator:
Es gibt ja ganz oft wilde Diskussionen rund ums Eincremen. Viele wollen das ja gar nicht. Die Empfehlung ist immer, macht es einfach immer, dann geht auch nichts schief mit dem Sonnenbrand. Aber wenn man eben jetzt überlegt, ich bin auch nur ganz kurz draußen, na, da sind nur Bäume, da ist Wald, da ist überall nur Schatten. Der Felsen, der spendet ganz viel Schatten. Muss ich mich dann überhaupt eincremen, wenn es doch eigentlich bewölkt ist, wenn man nur im Schatten ist? Natasha, klär uns auf. Wie sieht es aus, ist die Sonne auch im Schatten gefährlich?
Natasha:
Also du musst dich auf alle Fälle immer schützen, ob das jetzt mit Creme ist oder ob das mit Kleidung ist oder ob du einfach drin bleibst. Dann, das ist jetzt noch die Frage, aber auf alle Fälle musst du dich schützen, weil die Sonne nicht ausschlaggebend ist, sondern es ist ausschlaggebend, wie groß ist die UV Belastung. Also praktisch die UV Strahlen, die die Erdoberfläche erreichen. Und das wird angegeben im sogenannten UV Index hast du bestimmt auf dem Handy auch schon mal deine Wetter App angeguckt, da kannst du immer einen UV Index lesen und wenn der so ab 3 ist, dann auf alle Fälle musst du dich schützen, wie auch immer du das machst. Gefährlich sind wie gesagt die UVA strahlen. Das ist ganz langwelliges Licht, das macht ungefähr 95% der Strahlen aus. Und die erreichen eben die Erdoberfläche und dringen ganz tief in die Haut ein. Und die sind vorhanden, immer dann, wenn schon bisschen Tageslicht ist. Also sobald du morgens aufwächst, und es wird hell, dann hast du schon diese hohe UVA Belastung und das ist gar nicht abhängig von Sonne oder Wolke und wie gesagt immer schön gucken auf den UV Index ob der über 3 ist oder nicht. Neben UVA haben wir auch noch kurzwelliges Licht und das ist UVB, das sind die UVB strahlen, die dringen nicht so tief in die Haut ein, sind aber viel viel viel energiereicher weil sie konzentrierter sind. Da muss man aber auch sagen, das sind die Strahlen, die dann auf die Zellen unter der Haut treffen und Melanin bilden. Das ist ja dieses Pigment, was zu einer braunen Haut Färbung führt. Und kann aber auch n Sonnenbrand auslösen, dieses UVB Licht. Also eincremen, wenn du dich denn für die Creme entscheidest, weil du nicht so ne langschützende Kleidung anziehen willst. Also Kleidung sollte ja eigentlich dann schon den Körper bedecken und wenn du das nicht möchtest, dann auf alle Fälle eincremen. Ab dem UV Index von 3 und empfohlen wird immer 3 bis 4 Esslöffel Sonnencreme alle 2 bis 3 Stunden, auf alle Fälle auch nach dem Baden, also weiß nicht, du hast ja bestimmt auch schon mal gekauft. Ja ist wasserfeste Sonnenschutzcreme, du kannst den ganzen Tag mit rumlaufen, nee das ist tatsächlich ich weiß nicht ob es Mythos ist, auf alle Fälle raten die Experten davon ab, also auch nach dem Baden auf alle Fälle wieder eincremen. Und meistens ist es ja so, dass die Leute zu wenig Sonnencreme nehmen, das nützt dann natürlich auch nichts, das schützt dich auch nicht, also 3 bis 4 Esslöffel für so einen Erwachsenenkörper auf alle Fälle. Und auch mit einem hohen Lichtschutzfaktor. Also Lichtschutzfaktor 50 ist eigentlich schon das, was ja das gängige ist. 30 ist heutzutage schon echt wenig, da musst du dann halt entsprechend schneller wieder nachcremen.
Moderator:
Interessant. 30 hab ich immer gedacht, wäre eigentlich schon ganz gut.
Natasha:
Klar kannst du auch 30 nehmen, du musst dich dann nur entsprechend schneller wieder nachcremen. Du kannst so rechnen, nimm den Lichtschutzfaktor von 30, dann multiplizierst du den mit 10, dann bist du auf 300 heißt 300 Minuten in der Sonne. Kann man so auch nicht sagen, zieh noch mal ein Drittel davon ab, dann bist du bei 200 Minuten in der Sonne, dann müsstest du aber nachcremen und bei 50 ist entsprechend länger.
Moderator:
Natasha, das ist mir viel zu viel Rechnerei. Ich habe gespeichert 50. Das ist einfach.
Natasha:
Ja mach 50. 50 bist du immer auf der sicheren Seite.
Moderator:
Nach rot kommt braun. Das ist nur eine beliebte Antwort von manch einer Rothaut. Ja, wenn man in jemanden auf die ein oder andere Sonnenbrandstelle hinweist, wird Sonnenbrand tatsächlich immer braun.
Natasha:
Nein, da kann ich ja richtig schreien, wenn jemand sowas sagt. Also es ist wirklich die erste Hilfe, nach der die Haut schreit. Rötung entsteht, weil die Haut ganz, ganz stark geschädigt ist. Also es ist praktisch eine Verbrennung und je nachdem wie stark du gerötet bist ist es eine Verbrennung ersten Grades oder wenn du sogar schon blasen hast, ist es eine Verbrennung zweiten Grades und das merkst du auch daran, dass meistens sich diese rote Haut dann auch pellt. Also was darunter ist, dass kann braun sein, genau das liegt aber nicht daran, dass rot braun wird, sondern der Körper ist so geschockt durch diese starke Verbrennung, dass er sagt, Oh, ich muss mich schützen, ich muss mich schützen, der schreit förmlich. Danach und was macht er, um sich zu schützen? Er bildet Melanin, das machen Personen, die in Afrika geboren sind, ja schon von vornherein, dass der Körper dort viel mehr Melanin in den Zellen hat, und das wiederum ist dann die Bräune, und warum macht er das nicht, weil er das schick findet, der Körper, wenn er braune Haut hat, sondern weil er sich schützen will vor der Sonne, das ist der einzige Grund. Dass wir das schön finden, Na ja, weiß nicht. Ich finde, dieser Hype ist auch schon so n bisschen wieder abgeschwacht. Gott sei Dank, weil man eben doch weiß, dass jeder Sonnenbrand das Risiko für Hautkrebs ganz stark erhöht und insofern würd ich immer dazu raten, bleib schön im Schatten, Schütz Dich schön, Creme dich schön ein und Versuch auf alle Fälle alles zu verhindern, dass deine Haut. rot wird.
Moderator:
In diesem Podcast haben wir Ja auch schon mal gehört, dass ich als Kind durch die Sonne so Brandblasen an meiner Schulter hatte. Also wenn ich das jetzt mit dieser Folge dazu packe, mit dem Schlafmangel und dem kommenden Schlaganfall, dann mag ich gar nicht mehr über mein Leben erst mal nachdenken, Natasha, aber wir kommen noch mal kurz zum Arbeitsschutz, was müssen Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber tun, wenn die Sonne durch die Fenster richtig knallt und es im Büro zu heiß ist? Ja, und man da vielleicht seine blasse weiße Haut röten könnte.
Natasha:
Da hast du schon mal recht, da muss ich noch mal eben, bevor ich das beantworte, noch was anderes sagen. Genau, auch wenn du wieder Glas sitzt, kannst du natürlich einen Sonnenschaden kriegen UVA strahlen gehen nämlich auch durch das Glas UVB jetzt nicht, aber die Schädigung kannst du auch haben, wenn hinter Glas sitzt. So jetzt aber noch mal zur Hitze, das ist ja deine eigentliche Frage, ich hoffe mal, dass der Arbeitgeber schon vorher was tut, bevor dir zu warm wird an deinem Arbeitsplatz. Also eigentlich sollte er ja schon das verhindern, dass Wäre überhaupt eindringt, das kann er machen indem er Dämmung an der Hauswand hat, indem er Sonnenschutzsysteme einrichtet, indem er die Wände begrünt von außen oder seine Flächen, die am Gebäude nah angrenzen, einfach entsiegelt. Du weißt ja so Betonstraßen, die können auch ordentlich Wärme abstrahlen und das ganze macht es dann ja auch noch mal heißer wieder. Also eigentlich wäre da schon mal der Schutz des Arbeitgebers gefordert, dass erst gar nicht Wärme nach innen kommt. Aber nun hat man Ja häufig alte Gebäude und da kannst du ja schlecht umrüsten. Also kann man das nicht immer verhindern und die Wärme ist dann drin. Und wenn Sie denn eingedrungen ist, die Wärme, dann kannst du natürlich Klimaanlagen einbauen oder einrichten. Kühlwände gibt es noch als Möglichkeit oder in der Nacht ganz tüchtig lüften mit Kühlung, das muss der Arbeitgeber auch tun, weil er dir gar nicht zumuten kann, dass du in so heißen Räumen arbeitest. Das Ganze kann man auch in Gesetzen nachlesen, übrigens, da steht das auch mit den Temperaturen wie ein Raum überhaupt von der Temperatur ausgestattet sein darf und da ist ganz klar über 30 Grad kannst du gar nicht mehr arbeiten. Wenn es über 30 Grad im Raum ist und vorher muss der Arbeitgeber dann mindestens organisieren, wenn er schon nicht Klimaanlagen einbauen kann. Manchmal ist es in alten Gebäuden ja auch schwierig, dann sollte er aber zumindestens die Arbeitszeiten anpassen. Also Dienstpläne umschreiben, kurzpausen einrichten und körperlich anstrengende Arbeit in andere Zeiten, also in kühlere Zeiten, verlegen und gucken, dass die Urlaubsplanung auch nicht so ist es dann zu Sommerferien gar keiner mehr da ist. Und der eine, der da ist, der muss dann alles arbeiten in der Hitze. Also das wäre dann auf vom Arbeitgeber schon zu erwarten, dass er sich da so ein bisschen organisatorisch kümmert. Was er immer machen kann, ist geeignete Getränke bereitstellen und kühle Pausenräume einrichten. Aber so Wasser sollte eigentlich schon gang und gäbe bei den Arbeitgebern sein, also zum Beispiel mein Arbeitgeber macht das ganzjährig, da muss ich nicht warten bis es draußen warm ist und die Sonne scheint, wir kriegen immer zur Verfügung gestellt, Mineralwasser total klasse und tatsächlich, wenn es zu heiß wird, dann kommt er rum und bringt auch noch ein Eis vorbei. Oder wir können uns ein Eis holen, das ist natürlich auch mal eine super Nettigkeit und Wertschätzung von den Arbeitgebern und ich glaube das kann eigentlich jeder Arbeitgeber machen.
Moderator:
Solche Aspekte spielen auch bei den Fragen für einen sicheren und gesunden Arbeitsplatz eine Rolle. Unter dem Stichwort sicher mit Systemen findet ihr auf der Webseite der BGW interessante Themen zur betrieblichen Sicherheit. Und die Sonne, die muss man eben auch so ein bisschen verdunkeln, wenn die so reinknallt irgendwie dann vielleicht mal n Rollo runterlassen. Also die Sonne ist zwar schön, wir lieben sie alle, ich vor allem, aber niemals ohne Eincremen raus, jeden Sonnenbrand vermeiden.
Jetzt müssen wir noch den Mythos vom Anfang dieser Folge klären. Nach dem Essen nicht in den Pool zu gehen, ja ist da jetzt was Wahres dran Natasha oder können wir in Zukunft ohne Bedenken direkt vom Essen mit dem Köpfer ins Wasser springen oder am besten gleich direkt im Wasser essen?
Natasha:
Ja, also Ralf, das kannst du nicht mit dem Körper ins Wasser springen. Du kannst dich natürlich an den Poolrand setzen und die Beine im Wasser baumeln lassen, du kannst dich auch reinstellen in den Pool, wenn du dich abkühlen willst. Aber alles, was mit Bewegung zu tun hat oder mit Schwimmen, das würde ich dir tatsächlich so direkt nach dem Essen nicht raten, weil der Körper braucht für die Verdauung Energie. Heißt Blut geht in den Verdauungstrakt, es fehlt also in der Muskulatur und im Gehirn und was passiert dann dir wird übel. Du kannst dann auch noch Wasser schlucken dummerweise und dann wird dir richtig übel und das kann manchmal auch bewusstlos machen, wenn eben wie gesagt das Blut oben im Gehirn fehlt. Ganz klar Pause nach dem Essen. Richtet sich so ein bisschen danach, was du gegessen hast. Wenn du jetzt Früchte, ein Eis oder so kleinere Mahlzeiten isst, dann empfehle ich dir 30 bis 60 Minuten zu warten. Klingt schon ganz schön lang, ne. Fasst man als Kind und wenn du aber richtig eine Portion Nudeln mit Rahmsoße, Pommes oder ein Hamburger gegessen hast, dann warte bitte 120 Minuten, sprich 2 Stunden bevor du da richtig schwimmen gehst und bitte auch nicht im tiefen Wasser vorher. Denn das kann blödes Ende nehmen.
Moderator:
Da wir es wieder mal in vielen Schwimmbädern gibt es einfach immer nur Pommes und Bratwurst und das ist generell dann ne schlechte Idee. Die Liste an Gesundheitsmythen, die ist schier endlos, wir könnten jetzt noch viele folgen damit füllen, lasst uns gerne wissen, welche Gesundheitsmythen ihr schon immer mal geklärt haben wollt und wir decken sie dann für euch auf, ganz wissenschaftlich. Unsere 1. Folge zum Thema Gesundheitsmücken und alle weiteren Herzschlagfolgen die gibt es überall dort, wo es Podcasts gibt und natürlich auf der Webseite der BGW www.BGW-online.de/Podcast. Lasst gerne mal eine Bewertung bei eurer Lieblingsplattform da und klickt bei diesem Podcast auf Abo. Dann hören wir uns in 2 Wochen wieder. Vielen Dank für deine ganzen Erklärungen und die Auflösung von zahlreichen Mythen heute, Natasha.
Natasha:
Gerne, Ralf hat mir auch wieder super viel Spaß gemacht mit dir.
Moderator:
Bis zum nächsten Mal.
Natasha:
Ja, bis zum nächsten Mal. Bleibt gesund.
Jingle:
Ja. Herzschlag für ein gesundes Berufsleben der BGW Podcast
Interviewgast
Dr. med. Dr. jur. Natasha Schlothauer
Krankenhaus St. Joseph-Stift Bremen
Für unseren BGW-Podcast "Herzschlag - Für ein gesundes Berufsleben" nutzen wir den Podcast-Hosting-Dienst Podigee des Anbieters Podigee GmbH, Schlesische Straße 20, 10997 Berlin, Deutschland. Die Podcasts werden dabei von Podigee geladen oder über Podigee übertragen.
Wenn Sie unseren Podcast anhören, erfolgt eine Datenverarbeitung auf Grundlage unserer berechtigten Interessen, d.h. Interesse an einer sicheren und effizienten Bereitstellung, Analyse sowie Optimierung unseres Podcastangebotes gem. Art. 6 Abs. 1 lit. f. DSGVO.
Podigee verarbeitet dann IP-Adressen und Geräteinformationen, um Podcast-Downloads/ Wiedergaben zu ermöglichen und statistische Daten, wie zum Beispiel Abrufzahlen zu ermitteln. Diese Daten werden vor der Speicherung in der Datenbank von Podigee anonymisiert oder pseudonymisiert, sofern Sie für die Bereitstellung der Podcasts nicht erforderlich sind.
Weitere Informationen und Widerspruchsmöglichkeiten finden sich in der Datenschutzerklärung von Podigee: podigee.com/de/about/privacy/.
Sicher ans Ziel: Unfälle im Straßenverkehr vermeiden #97 BGW-Podcast "Herzschlag - Für ein gesundes Berufsleben"
Fehler sind menschlich und passieren. Oft sind diese nicht weiter tragisch und haben keine großen Auswirkungen auf unser Leben. Allerdings gibt es Lebensbereiche, in denen menschliche Fehler schlimme Folgen haben können. Ein Beispiel ist der Straßenverkehr. Hier werden aus Fehlern Unfälle.
Wie man handelt, wenn es passiert und was man tun kann, damit es gar nicht erst so weit kommt? Darüber sprechen Moderator Ralf Podszus, Lars Welk von der BGW und Fahrsicherheitstrainer Kay Schulte. Außerdem sprechen die drei über die Rolle der BGW, wenn es darum geht, die Straßenverkehrssicherheit von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in Unternehmen zu erhöhen.
Hier kommen Sie zum Transkript dieser Folge
Moderator:
Der Fehler begleitet den Menschen. Dieser Satz, der stammt von Platon, einem griechischen Philosophen, und er hat natürlich absolut recht. Jeder und jede von uns macht Fehler, das ist ganz normal. Wichtig ist nur, dass man nicht zu viele davon macht und dass man aus Fehlern lernt, einer, der sich mit diesem Thema vor allem im Bereich der Medizin und der Pflege ziemlich gut auskennt, ist Professor Reinhard Strametz er ist Forscher, Autor, Dozent und Experte für Patienten und Patientinnen Sicherheit.
Ich bin Ralf Podszus, und in dieser Ausgabe von „Inspirierenden Menschen aus dem Berufsalltag“ werde ich euch den lieben Reinhard einmal genauer vorstellen. Er lebt und arbeitet in Frankfurt und von dort ist er mir jetzt auch zugeschaltet. Grüß dich, Reinhard.
Professor Reinhard Strametz: Grüß dich, Ralf.
Moderator: Ich habe eben Platon zitiert und du zitierst ja auch ganz gerne, und zwar aus Goethes Faust. 2 Seelen wohnen Ach, in meiner Brust. Was meinst du damit genau?
Professor Reinhard Strametz: Ja, zum einen als Frankfurter und jemand, der in Frankfurt studiert hat, habe ich dann mein Obligatorisches Goethe Zitat schon untergebracht. Das hat aber einen tieferen Sinn. Ich habe Medizin und Ökonomie studiert in dieser Reihenfolge und Hierarchie, und ich versuche eben, das Beste aus diesen zwei Welten der Welt der Medizin und der Welt der Ökonomie, insbesondere das Qualitäts- und Risikomanagement als einen Teilbereich miteinander zum Wohle von Patientinnen und Patienten, Mitarbeitenden und den Gesundheitseinrichtungen zu verbinden.
Moderator: Wahrscheinlich könnten wir eine ganze Podcast Folge auch füllen, nur mit deinem Werdegang und deinen Publikationen. Spannend ist es trotzdem, wie du insgesamt zu diesem Mix des Arbeitsalltags gekommen bist. Und vielleicht kannst du es in 23 Sätzen mal kurz zusammenfassen, wie ist dein Background, wie ist das so zusammengekommen, wie es bei dir ist?
Professor Reinhard Strametz: Ja, also ich habe am Anfang Medizin studiert, das war schon immer mein Wunsch und damit war ich auch sehr glücklich. Ich habe aber schon während meines Vorklinischen Studiums festgestellt, dass sie als Ärztinnen und Ärzte nachher Entscheidungen treffen müssen, Entscheidungen im wahrsten Sinne des Wortes Überleben und Tod und dass wir auf diese Art von Entscheidung aber gar nicht genau vorbereitet werden, dass wir auch gar nicht darauf vorbereitet werden, wie wir nachher so eine Station schmeißen mit 30 Patienten, weil wir ja dann nicht nur verantwortlich für die Patientinnen und Patienten sind, sondern auch noch Herren über unsere eigene Zeit sein müssen und beispielsweise Zeitmanagement gut abbilden müssen.
Und ich habe mich daher mit ein paar Kommilitoninnen und Kommilitonen im dritten Semester der Vorklinik, wir waren gerade im Präparierkurs auseinandergesetzt und hab gesagt, wie wäre es denn, wenn wir uns auch noch ein bisschen betriebswirtschaftliches Know-how drauf packen. Das war damals nur möglich an der Fernuniversität in Hagen, weil alles andere war postgradual und so als Student im dritten Semester kannst du natürlich nichts postgradual machen und so haben tatsächlich vier Kommilitoninnen und Kommilitonen von mir und ich beschlossen, wir fangen an noch neben Medizin Ökonomie zu studieren und ich habe mich dann eben auf Personalführung, Organisation und Dienstleistungsmanagement spezialisiert und das hat dann nachher meinen Werdegang im ärztlichen Qualitäts- und Risikomanagement geprägt.
Moderator: Weil jetzt deine Berufszusammenstellung ziemlich einzigartig ist. Ja, du bist für die Patienten und Patientinnen Sicherheit zuständig. Mediziner und Ökonomen haben wir gehört, bist du auch weltweit unterwegs.
Professor Reinhard Strametz: Genau. Ich habe die große Ehre, zum einen in zwei Forschungsnetzwerken der Europäischen Union tätig zu sein. Das eine beschäftigt sich damit, was mit Gesundheitsfachpersonal passiert, wenn sie einen schweren Fehler begehen, weil die natürlich auch davon betroffen sind, sogenannte Second Victims, und das zweite Netzwerk beschäftigt sich mit einem Dunkelfeld, wo wir noch relativ wenig darüber wissen, nämlich über Patientensicherheit in der häuslichen Pflege. Viele, viele, viele Menschen werden zu Hause gepflegt, von Angehörigen oder auch von bezahlten Laien, die aber keine formale Pflegeausbildung haben.
Und was da passiert und wie wir deren Versorgung sicherer machen können, das ist Gegenstand des neuen EU Netzwerks Better Care, in dem ich ebenfalls stellvertretender Vorsitzender sein darf und eben aber auch mein Wissen mit Kolleginnen und Kollegen aus der ganzen Welt teilen darf. Ich war neulich in Japan und darf demnächst ein wenig in Europa rumreisen, um ebenso zu gucken, dass wir die Qualitäts- und Sicherheitsstandards möglichst weltweit auf ein noch besseres Niveau heben als sie schon sind.
Moderator: Du wohnst quasi schon am Frankfurter Flughafen. So schauen wir uns mal die Patienten und Patientensicherheit mit dem Qualitätsmanagement an, wo Menschen arbeiten, da passieren Fehler. Die Fehlerkultur, das ist deine Top Headline für alle Bereiche, das gilt natürlich auch für das Gesundheitswesen insgesamt, was sind da typische Fehler, die in Kliniken und auch in Pflegeeinrichtungen passieren?
Professor Reinhard Strametz: Also etwa 80 Prozent, also acht von zehn Fehlern, die entstehen, passieren nicht, weil irgendwo ein Medizinprodukt aus heiterem Himmel explodiert oder ähnliches, sondern tatsächlich in der zwischenmenschlichen Arbeit basierend, also auf sogenannten Humanfaktoren. Wir müssen uns überlegen, dass wir mittlerweile ein hochkomplexes System haben, in dem ganz viele Berufsgruppen und viele, viele Fachspezialisten an einem Patienten arbeiten. Und damit erhöht sich natürlich die Expertise und das ist gut so.
Aber auch der Abstimmungsbedarf unter den Leuten erhöht sich, das heißt Informationsverluste, gerade da, wo wir beispielsweise noch mit Papier und Bleistift dokumentieren. Die sind durchaus an der Tagesordnung, insofern müssen wir in diesem hochkomplexen System eben andere Strategien walten lassen als noch zu Zeiten der Schwarzwaldklinik, wo es nur einen einzigen Professor Brinkmann gab und keine anderen Spezialisten. Wir müssen also gucken, dass wir diese Humanfaktoren mehr berücksichtigen und es, salopp gesagt, Menschen so schwer wie möglich machen, unbeabsichtigte Fehler zu tun.
Moderator: Aber Professor Brinkmann hat natürlich immer alles richtig gemacht, ganz klar. Nun kann man das so zusammenfassen, der Mensch ist immer schuld, ganz oft ist ja irgendein Unglück passiert, dann heißt es, es wird untersucht, und am Ende heißt es, es war menschliches Versagen, aber kann man das einfach so oft immer sagen, dass der Mensch das Problem ist?
Professor Reinhard Strametz: Das ist ein furchtbares Wort, menschliches Versagen und vor allem wissen wir, dass die Wahrheit häufig woanders liegt. Wenn wir wirklich gewissenhaft Patientensicherheitsvorfälle untersuchen, und das machen wir so ähnlich wie ja auch Flugunfalluntersuchungen beispielsweise passieren. Also mit der minutiösen Rekonstruktion der Geschehnisse nicht um den Schuldigen zu finden, sondern die Ursachen, dann sehen wir, dass am Ende immer irgendein armer Teufel der letzte Mensch war am Patienten und vielleicht eine ursächliche Handlung vorgenommen hat, die dann das Fass zum Überlaufen gebracht hat. Aber dahinter liegen häufig ganz, ganz viele systemische Fehler, die wir tatsächlich ausmerzen können, damit beim nächsten Mal dieser Fehler nicht mehr passiert.
Moderator: Du bist quasi die Blackbox im Gesundheitswesen und findest es alles raus. Warum passieren denn diese Fehler?
Professor Reinhard Strametz: Also es gibt ganz klassische Konstellationen und fehlerbegünstigende Ursachen. Ich nenne sie gern das dreckige Dutzend. Sind, denn es sind auch genau 12 Stück und wenn wir uns die angucken, dann sind es eben immer wieder typische Konstellationen. Fehlerbegünstigende Situation sind zum Beispiel, wenn ich unbekannte neue Aufgaben mache, insbesondere dann, wenn ich nicht richtig supervidiert, also überwacht werde. Ich bin selbst Anästhesist, Narkosearzt und natürlich kann ich nicht vom ersten Tag an alleine am Patienten arbeiten, ohne dass mir eine erfahrene Kollegin oder ein erfahrener Kollege über die Schulter guckt und sagt, was treibt er denn da?
Unerfahrenheit ist ein großes Problem. Man sagt zwar immer, na ja, wenn du eine Frage hast, dann ruf halt an, aber mit Unerfahrenheit sehe ich ja gar nicht, wenn Dinge schieflaufen, da fehlt mir ja wie gesagt die klinische Erfahrung zu sehen, Hoppala, jetzt muss ich aufpassen. Zeitdruck ist ein weiterer Punkt, das wissen wir alle. Unter Zeitdruck machen wir zehnmal so viele Fehler wie ohne Zeitdruck und Zeitdruck ist im Gesundheitswesen gerade bei dem Kostendruck, der herrscht immanent. Wenn ich versuche, etwas zu machen, dann ist es häufig sinnvoll, dass mich jemand anderes kontrolliert.
Also ein Vier-Augen-Prinzip beispielsweise anzuführen, aber auch da wo Ressourcen fehlen, wo Personal fehlt fehlen eben auch Kontrollen, die ich nicht mache, um jemandem zu bevormunden, sondern einfach aus gutem Grund wie im Cockpit, der eine fliegt, der andere kontrolliert ihn, es hat sich bewährt. Und wenn ich neue Maschinen habe, das ist einerseits natürlich ein Segen, neue Medizinprodukte die noch viel besser am Patienten wirken, aber wenn ich die nicht bedienen kann, also eine mangelnde Mensch Maschine, Interaktion, das ist auch sehr fehlerträchtig.
Dazu kommen dann fehlerbegünstigende Faktoren, die eigentlich völlig banal sind. Müdigkeit beispielsweise, wenn ich in 24 Stunden Dienst mache und nicht mal es schaffe zu essen, sondern vielleicht gerade einmal auf Toilette kommen, in 24 Stunden, und das habe ich selbst ja oft genug als Anästhesist an einem Universitätsklinikum erlebt, dann leidet natürlich meine Gedächtnisleistung, meine Merkfähigkeit, meine Reaktionsfähigkeit. Wenn ich dann nach Hause fahre mit dem Auto, dann habe ich quasi eine Art Promillepegel intus, weil ich so müde bin.
Hunger, wir wissen alle, es gibt so einen schönen Werbespruch, du bist nicht du, wenn du hungrig bist, gilt natürlich für Ärztinnen und Ärzte genauso. Wenn ich krank zur Arbeit gehe, wenn ich Sprachbarrieren beispielsweise habe, also den Patienten oder auch Mitarbeitende im Gesundheitswesen. Wir sind ja sehr multikulturell aufgrund des Fachkräftemangels, wenn ich die nicht richtig verstehe oder eben auch, wenn es bestimmte wenige, aber bestimmte Menschen gibt, die wir im Gesundheitswesen auch haben, die nun mal ein Risikoreiches, ein gefährliches Verhalten an den Tag legen, und wir kennen alle Menschen in unserer Umgebung die, sagen wir mal, eher fünfe gerade sein lassen und eher sagen, Na ja, wird schon nicht so schlimm werden.
Das kennen wir in unserem täglichen Umfeld, das kennen wir genauso in der Medizin, das sind wir sind ja nur ein Abbild, sagen wir mal des gesellschaftlichen Spektrums, aber auch das kann natürlich im Einzelfall zu Problemen führen, wenn ich jemanden habe, der im Zweifelsfall ins Risiko geht und nicht im Zweifelsfall auf Nummer sicher. Das sind so die typsichen Umstände, unter denen es zu Fehlern kommt, wenn wir die kennen und wissen, dann können wir aber natürlich ganz gezielt gegenarbeiten mit systematischen Einarbeitungskonzepten oder eben auch mit bestimmten technischen Tricks.
Also mein Lieblingsbeispiel ist immer die Mikrowelle, wenn ich nachts um 3 völlig müde die Mikrowelle anschalte und mittendrin die Tür öffnen öffne, dann könnte ich mich ja rein theoretisch an den gefährlichen Mikrowellen verbrennen. Aber da denkt die Mikrowelle beziehungsweise der Ingenieur, der sie gebaut hat für mich mit in dem Moment wo ich da die Tür beherzt aufreiße, geht die Mikrowelle aus. Sie verhindert also, dass ich einen dummen Fehler begehe und da gibt es auch die ein oder andere Situation in der Medizin, wo solche Konstruktionen so ein sicheres Design zum Beispiel verhindert, einen dummen Fehler zu begehen.
Moderator: Ich natürlich als absoluter Technikdulli. Hab mir darüber nie Gedanken gemacht und einfach immer mal wieder die Mikrowelle ausgemacht. Finger rein ist schon gut, also danke liebe Ingenieure, dass ihr mich davor bewahrt habt. Du hast ja auch eben erzählt, du bist selbst ja Anästhesist. Gerade da hat man ja in Ruhe Verantwortung im OP Saal. Jeder Fehler kann fatale Folgen haben. Wie war das für dich mit dieser Verantwortung umzugehen?
Professor Reinhard Strametz: Das ist richtig, du kannst rein theoretisch der letzte Mensch sein, mit dem der Patient noch gesprochen hat, wenn er danach entsprechend einschläft und möglicherweise nicht wieder aufwacht. Und ich glaube, das Wichtige ist zum einen ein berechtigtes Maß an Selbstvertrauen zu haben, denn ich war mir ganz klar sicher, dass ich weiß, was ich tue und dass selbst wenn irgendetwas passiert, ich einen Plan B, einen Plan C, einen Plan D habe. Gleichzeitig brauchst du auch eine gewisse Demut, diese Sicherheitsmaßnahmen tatsächlich umzusetzen. Ich möchte ein einfaches Beispiel nennen, ich galt in meiner Abteilung meistens als eher so ein bisschen defensiv und wirklich sehr sicherheitsorientiert.
Ich habe allen Patientinnen und Patienten vor Einleitung der Narkose wirklich dicht so eine Sauerstoffmaske aufs Gesicht gesetzt und sagt, so, jetzt holen sie bitte tief Luft, damit sich der Stickstoff aus den Lungen auswäscht, die Lungen mit 100 Prozent Sauerstoff gefüllt sind, dass wenn beim Narkose einleiten irgendwas passiert, die Sauerstoffsättigung noch ganz, ganz, ganz lange bei 100 Prozent ist und wir uns damit quasi Zeit erkaufen. So, das war in vielen Fällen natürlich unnötig und wir haben auch einige Kollegen gesagt, Ey, du kriegst den doch intubiert, was lass das doch. Ja, und drei Wochen bevor ich meine Karriere als Narkosearzt aufgehört habe.
Ich hatte schon meinen Ruf auf die Professur, da ist es mir tatsächlich bei einer Patientin passiert, dass ich eine sehr, sehr gefürchtete Situation erlebt habe. Die sogenannte „cannot ventilate cannot, intubate“-Situation. Also ich kriege mit dem Beatmungsbeutel keine Luft in den Patienten, und ich kriege diesen Patienten dieser Patientin auch nicht intubiert, und das ist eigentlich so die Horrorvorstellung, weil wenn ich dann nicht präoxigniert habe, also diese Sauerstoffmaske auf das Gesicht der Patientin aufgesetzt, habe sie wirklich mehrfach 100 Prozent reinen Sauerstoff habe atmen lassen, dann würde die Sättigung sehr, sehr schnell runterfallen und es war ein ziemlich hässlicher Ton und es gibt ziemlich schnell auch entsprechend Hektik und möglicherweise müsste ich dann eine Nutrachetomie, also ein Notkehlkopfschnitt machen, um überhaupt diese Patientin noch am Leben erhalten.
Es kam anders, nämlich als ich gemerkt habe, ich kann die Patientin nicht intubieren, ich kann sie nicht beatmen, habe ich sie sechs, sieben Minuten nach der Narkoseeinleitung auf natürlichem Wege aufwachen lassen, ohne dass die Sättigung entsprechend gefallen ist, ohne dass irgendwer in wahnsinnigem Stress war. Ich hatte natürlich Puls und Blutdruck, das kannst du dir vorstellen, weil das eine kritische Situation war, aber dadurch, dass ich vorher diese 30 Sekunden investiert habe in diese Sicherheitsmaßnahme, ist die Patientin völlig problemlos aufgewacht und wir haben sie dann einen Tag später problemlos intubieren und auch nachher operieren können.
Diese acht Jahre Sicherheitsmaßnahmen zeigen, dass man manchmal tatsächlich eben Sicherheitsmaßnahmen eine ganze Zeit lang machen muss. Früher oder später werden sie sich aber auszahlen und das war mir sozusagen auch noch mal im Nachgang eine große Lehre und das ist ein Beispiel, dass ich gerne den jungen Kolleginnen und Kollegen beibringe zu sagen, ihr wisst zwar nicht, wann euch das mal den Hintern retten wird, aber früher oder später wird der Tag kommen.
Moderator: Und wenn wir mal ganz kurz zurückgehen, jetzt warst du schon der erfahrene Kollege und trotzdem ist sowas passiert. Also ne, man ist nicht davor gefeit, auf jeden Fall immer mal wieder sich so ein bisschen daran erinnern, jede Situation kann einfach anders sein, man ist nicht unfehlbar, das kann vielleicht passieren, dieses Gefühl, wenn man so ein bisschen längere Zeit dabei ist. Du bist ja auch schon in meinem anderen Podcast Notaufnahme, die lustigsten Patientengeschichten dabei gewesen, da hast du eine Geschichte von dem ja sagenden Japaner erzählt. Und auch da kann man in Bezug auf Fehlern, die passieren können, gerade bei der Anästhesie einiges lernen. Vielleicht kannst du die nochmal erzählen.
Professor Reinhard Strametz: Genau das war eine im Endeffekt gut ausgegangene Geschichte, die mir aber vor Augen geführt hat, wie schlecht ich in diesem Moment tatsächlich mit dem Patienten kommuniziert habe. Also Narkoseaufklärungsgespräch in der Prämedikationsambulanz, das geht da zack, zack wie am Fließband. Wir waren an dem Tag auch schon ein bisschen hinten dran und dann kam zu mir ein Japaner, der am nächsten Tag operiert werden sollte, kam ganz freundlich an, Verbeugte sich auch mit der 15 Grad Verbeugung, wie wir das von Japan kennen. Ich schätze die Höflichkeit dieser Menschen extrem. Ich war auch neulich in Japan, konnte mich davon überzeugen, die sind wirklich da, alle so, und es ist wunderbar.
Dann setzte er sich hin, lächelte mich an und ich begann halt mit meiner Story, die man da so 30 mal am Tag ungefähr den Patienten erzählt. Und dann fragte ich ihn die ersten Fragen und lächelte mich an. Und er antwortete stets, wenn ich ihm eine Frage gestellt habe, sehr freundlich mit: Ja. Wir haben da so eine Checkliste und die wird durchgegangen entsprechend vor dem Gespräch. Und da antwortet er immer mit ja, ja, ja, ja, ja, ich dacht mir schon wunderbar, das geht relativ ruck zuck und am Ende dieser Checkliste sah ich dann, dass er seine Körpergröße und sein Gewicht nicht notiert hatte. Das ist aber wichtig für die Narkose, weil wir ja die Narkose Mittel danach dosieren, also fragte ich ihn nochmal.
Entschuldigen Sie, können Sie mir bitte kurz noch mal Ihr Körpergewicht sagen? Ja, das wäre an sich schon eine gute Frage gewesen, darauf bräuchte ich aber nach. Wie schwer sind Sie denn bitte? Ja, wie groß sind Sie denn bitte? Ja, sie haben gerade überhaupt nicht verstanden, was ich in die letzten 25 Minuten erzählt habe, stimmt das? Ja. Also der hat im Prinzip gar nichts verstanden, aber sozial erwünschte Antwort, man widerspricht ja nicht, war so, dass er im Prinzip auf alles, was ich gesagt habe, gelächelt hat und ja gesagt hat, und daraufhin habe ich eben gemerkt, ja, du hast gerade 20 Minuten am Patienten komplett vorbeigeredet und wir müssen ja, und das ist gut so, in einer für den Patienten verständlichen Art und Weise aufklären und somit habe ich dann auf Englisch das Gespräch noch mal entsprechend wiederholt.
Und so konnte derjenige dann problemlos operiert werden. Wäre das in einer anderen Situation gewesen, dann hätte ich mich aber bös in die Nesseln gesetzt, also wenn ich zum Beispiel nachts jemanden gefragt hätte, sind Sie der Herr Müller, und der hätte mir mit ja geantwortet und ich hätte ihn daraufhin eine Blutkonserve angehängt, dann hätte ich ja eine Patientenverwechslung begangen, die möglicherweise sogar tödlich ausgegangen wäre. Also was mich das gelehrt hat, ist, geschlossene Fragen sind blöd in der Medizin, offene sind besser, genauso zum Beispiel bei der Identität eines Patienten. Ich würde jetzt nicht fragen, sag mal, bist du der Herr Schneider und wenn du schon prämidiziert wirst, dann wirst du möglicherweise auch irgendwie was antworten, was ich als ja interpretiere, sondern ich würde sagen, wie ist denn dein Name, wie ist denn dein Geburtsdatum? Ich checke das gegen und damit habe ich eine wesentlich höhere Chance, dass es eben nicht zu vermeidbaren Fehlern kommt.
Moderator: Und das ist immer genau deine Aufgabe die Fehler zu vermeiden, hier lernt man sie daraus keine geschlossenen Fragen, ist ja an sich ganz simpel, kann man ja in Zukunft immer so machen bei der Anamnese. Dein Ziel ist es, dass sich die Mitarbeitenden im Gesundheitswesen auf das konzentrieren können, was sie wollen, nämlich Menschen helfen und dass die Rahmenbedingungen so optimal gestaltet sind, dass es ihnen so schwer wie möglich gemacht wird, Fehler zu begehen. Wie genau schaffen wir das?
Professor Reinhard Strametz: Das schaffen wir zum einen, indem wir die Menschen in der Ausbildung sensibilisieren, dieses einfache Beispiel, mit dem keine geschlossenen Fragen, das hört sich so einfach an, das würde jeder unterschreiben. Es wird aber im Medizinstudium bislang nicht systematisch ausgebildet und das andere ist, dass wir eben auch Techniken nutzen, die es uns so schwer machen wie möglich, Fehler zu begehen. Einfaches Beispiel, ich bin ja ein Anästhesist, wir haben Narkosegeräte und wir arbeiten ja auch mit gewissen medizinischen Gasen. Also allen voran natürlich Sauerstoff, damit die Patienten am Leben aber auch zum Beispiel Stickstoff oder Druckluft.
Und früher gab es tatsächlich einige tödliche Komplikationen, weil man beim Zusammenbauen von den Geräten diese Schläuche miteinander verwechselt hat und dann zum Ende der Narkose nicht 100 Prozent Sauerstoff aufgedreht hat, um den Patienten aufzuwecken, sondern 100 Prozent Lachgas, was dann tödlich verlaufen ist. Seitdem haben diese Anschlüsse eine genormte Form, also Druckluft zum Beispiel ist viereckig und Sauerstoff ist Sechseckig und mir selbst ist es nachts um zwei, als ich hundemüde war, schon passiert, dass ich versucht habe, diese Stecker miteinander zu verwechseln.
Hab mir dann gedacht, verdammt, wieso geht denn das nicht in die Wand rein. Bis ich dann gemerkt habe sechseckiges Stück und kein Viereckiges. Ich muss also in die andere Dose stecken. Diese Technik hat mir also selber nicht davor bewahrt, einen so dummen Fehler zu machen. Selbiges übrigens, wenn man an die Tankstelle fährt und Diesel Zapfsäule in die Hand nimmt, während man einen Benziner hat. Die Diesel Zapfsäule ist größer als der Benziner tankstutzen, insofern kann man das gar nicht falsch machen, umgekehrt natürlich schon.
Moderator: Es ist so typisch Mensch, einfach weil was über müde zwei Uhr in der Früh hast du gesagt, jetzt hat man ja seine Idee und die muss jetzt durchgepeitscht werden um jeden Preis. Man überlegt jetzt gar nicht was anderes ist, muss doch jetzt gehen, jetzt mach doch mal verdammt noch mal.
Professor Reinhard Strametz: Du bist zum Tunnel und du denkst in diesem Moment ja nicht, dass du einen Fehler machst. Das ist ja ganz typisch, sondern du denkst in diesem Moment, es fühlt sich gut an. Bist du irgendwann realisiert? Oh, das war jetzt gerade gar nicht gut. Und genauso gibt es zum Beispiel, wenn man Medikamente verabreicht, mittlerweile Sicherheitsstrategien. Früher gab es etliche tödliche Zwischenfälle, weil ein Medikament, das eigentlich für die Magensonde oder für den Magen Darm Trakt bestimmt war aus Versehen in einen Vene gespritzt wurde, weil die Anschlüsse miteinander vergleichbar waren.
Heutzutage gibt es spezielle Spritzensysteme mit so einem riesenfetten Nupsi vorne dran, der gar nicht mehr auf eine Verweilkanüle passt um damit beispielsweise Medikamente für die Magensonde aufzuziehen. Das ist ähnlich wie Diesel und Benzin an der Tankstelle, das sind einfach unterschiedliche Größen, die passen nicht aufeinander und damit macht man es technisch unmöglich, es sei denn, man manipuliert bewusst.
Macht es technisch unmöglich, dass so ein Fehler passiert und die Kombination aus sicheren Design, Schulungen und Sensibilisierung, die kann tatsächlich dazu führen, dass entweder einfach weniger Fehler passieren und zum anderen, dass Fehler, die nun mal passieren, während der Entstehung entdeckt und rechtzeitig behoben werden. Also das klassische Beispiel dafür ist die OP Checkliste, wo man nochmal kurz bevor der Chirurg wirklich das Skalpell in die Hand nimmt und schneidet, also kurz bevor man es nicht mehr wiedergutmachen kann, nochmal checkt, ist das der richtige Patient, ist es die richtige Seite. Sind alle soweit, haben wir auch alles. Also Beispiel bei einer Hüftprothese ist die Hüftprothese auch vorhanden, dass wenn der Knochen aufgebohrt ist und alles wir auch eine Hüftprothese haben, die wir dem Patienten einsetzen können. Eine einfache, eine banale Frage, aber es lohnt sich wie vor dem Start eines Flugzeugs diese 30 Sekunden zu investieren, um nochmal alles gegenzuchecken, weil wenn wir dann irgendwie merken, hups, es ist noch irgendwas, dann haben wir immer noch die Möglichkeit zu sagen, OK, zumindest schneiden wir jetzt nicht in den Patienten rein, ohne dass wir entsprechend vorbereitet sind.
Und diese Checkliste, die ja mittlerweile auch gesetzlich verpflichtend ist, in jedem OP, das ist zum Beispiel eben eine Erkenntnis, die wir auch aus anderen Branchen via Luftfahrt haben, damit wir eben Fehler, die vielleicht dazwischen passiert sind. Und ich habe das tatsächlich gehabt, dass andere Patienten eingeschleust worden sind oder dass die Seite noch vor Schnitt getauscht werden musste, weil wir im allerletzten Moment gemerkt haben, UPS, hier ist ein Seitenverwechslung da, dann sind solche Checklisten eben sehr heilsam, weil dieser Fehler dann nicht zu einem Schaden führt, sondern wir rechtzeitig entsprechend die Kurve kriegen und den Patienten sicher operieren.
Moderator: Und bei der Sicherheit für Patientinnen und Patienten, das haben wir heute auch schon mitbekommen, ist die Luftfahrt auch immer anscheinend sehr wichtig, weil man da viel, viel übernehmen kann in Bezug auf Sicherheit. Und ich fand deine Formulierung der Riesenfette Nupsi eben sehr schön. Also am Ende rettet sogar der Riesenfette Nupsi leben, so soll es sein und vielleicht siehst du das hier, ich habe hier an meinem Hals ein ziemlich lange Narbe, so zehn Zentimeter sieht man mal mehr, mal weniger, und das war meine lebensnotwendige Operation, die ich da hatte.
Aber man sieht so an der Seite wie noch so ein kleiner Zentimeter noch so eine andere kleine Narbe da ist, da hat der behandelnde Chirurg erst mit dem Skalpell angesetzt und dann ist er zum Glück noch mal seine geistige Checkliste wohl durchgegangen, weil hier am Hals sind so viele Nerven und da kann man ganz viel zerstören. Dann hat er zwar schon Reingestochen, hat sich dann überlegt, nee, blöde Ecke und ist noch mal woanders rangegangen. Und damit hat er mir sehr geholfen, weil sonst würde meine Zunge ganz hinten irgendwie nur sein oder was weiß ich, was da noch alles für Probleme kommen können. Er hat sich also doch noch mal überlegt. Nee, dieser Ursprungsschnitt, der wäre jetzt doof.
Professor Reinhard Strametz: Das ist ja vor allem für dich ganz wichtig. Du brauchst ja deine Stimme beruflich, also stell dir mal vor, was das für ne Konsequenz gehabt hätte, wenn du jetzt nur noch entsprechend irgendwie verwaschen sprechen könntest. Also das wäre eine blöde Podcast Folge. Also es wäre auf jeden Fall eine große Katastrophe. Und das Gute ist eben, dass sogar wenn man mitten im Tun ist es eben die Möglichkeit des sogenannten Speak-up gibt, also dass man sagt, hier Kurzauszeit sind wir wirklich auf der richtigen Spur. Und das lernen wir zum Beispiel, wenn wir im Schockraum arbeiten oder auch im OP im sogenannten Crew Resource Management Trainings.
Da geht es nicht darum, dass man besonders toll irgendwie mit einem Laser hantieren kann, also handwerkliche Fähigkeiten, da geht es um die nicht technischen Fähigkeiten, um die Kommunikation und grob gesagt darum, dass man die gesamte Brainpower, die im Raum ist, also die gesamten Ideen, Eindrücke, Wahrnehmungen und die gesamte Kompetenz wirklich nutzen kann und dann möglicherweise der eine dem anderen auch sagt, vielleicht war es ja so in deinem Fall, dass der Assistent gesagt hat, wollen sie nicht ein bisschen tiefer ansetzen, um den Nerv XY zu schonen, könnte ja sein.
Eine Kultur, in der das möglich ist und zwar nicht um jemanden über den Mund zu fahren, sondern zum Wohle der Patientinnen und Patienten. Das ist das, worauf wir letzten Endes hinarbeiten. Also die Checklisten und diese ganzen anderen technischen Spielereien, die funktionieren nur dann wirklich gut, wenn die Menschen eben auch bereit sind, das zu machen und wie gesagt, selbst der erfahrenste Anästhesist, Chirurg, Internist, was auch immer bereit ist, sich selbst in Frage zu stellen oder eine konstruktive, kritische Anmerkung entsprechen nicht gleich als persönliche Beleidigung wahrnimmt, sondern als einen Versuch, die Behandlung noch sicherer zu machen.
Moderator: Immer wenn hier im Podcast inspirierende Menschen vorgestellt werden, dann gibt es am Ende der Folge ausgewählte Sätze, die dann vom Gast vervollständigt werden. Auch für dich natürlich, Reinhart. Da haben wir uns ein paar Sätze überlegt, bist du bereit?
Professor Reinhard Strametz: Ich bin bereit und gespannt.
Moderator: Wenn ich nicht Arzt geworden wäre, dann würde ich heute …
Professor Reinhard Strametz: Mich wahrscheinlich trotzdem für die Patientensicherheit einsetzen.
Moderator: Schätzen am meisten Spaß habe ich während der Arbeit, wenn …
Professor Reinhard Strametz: Ich merke dass der Groschen fällt und Menschen von sich aus Patientensicherheitsmaßnahmen umsetzen und implementieren.
Moderator: In meiner Freizeit mache ich am liebsten …
Professor Reinhard Strametz: Ich gehe sehr gern ins Fußballstadion und bin leidenschaftlicher Fan von Eintracht Frankfurt …
Moderator: Wenn meine Kinder einen Fehler machen, dann …
Professor Reinhard Strametz: Dann versuche ich mit ihnen darüber sachlich zu reden und ich merke selber, wie schwer es mir fällt, wenn eine meiner Töchter zum endlosen mal ein Glas Heidelbeerschorle auf einer weißen Tischdecke umsetzt, das heißt, ich sehe dort immer wieder in Demut, wie schwierig es ist, wirklich konstruktiv mit Fehlern umzugehen, aber auch da tue ich natürlich mein Bestes.
Moderator: Wenn ich eine Sache im Gesundheitswesen sofort ändern könnte, dann wäre das …
Professor Reinhard Strametz: Die Aufhebung der Sektorengrenzen und ein verstärktes Miteinander statt gegeneinander der einzelnen Akteure.
Moderator: Wenn ich als Eintracht Frankfurt Fan ein bestimmtes Spiel noch einmal erleben könnte, dann wäre das …
Professor Reinhard Strametz: Das 3:2 gegen den FC Barcelona im Stadion.
Moderator: Wenn ich beim Autofahren geblitzt werde, dann denk ich mir gleich …
Professor Reinhard Strametz: Selber schuld. Es kommt zwar nicht vor, dass ich geblitzt werde, weil ich fahr immer so schnell wie erlaubt, aber wenn ich geblitzt werden würde, dann muss ich ganz ehrlich sagen, selber schuld.
Moderator: Das war jetzt auch die Fangfrage, weil bei dem Mega Sicherheitsman bin ich sehr davon ausgegangen, dass du auf jeden Fall immer genau nach dem vorgeschriebenen Tempo fährst und das erspart dann ja auch unnötigen Stress für alle. Jetzt kommen wir noch mal zu dem Eintracht Frankfurt Fan zurück. Denn das passt dann auch zu dieser Folge. Im Fußball gewinnt am Ende die Mannschaft, die am wenigsten Fehler macht und so könnte man das auf alle Bereiche im Leben übertragen. Fehler gehören einfach dazu, sie passieren halt, aber man sollte auf jeden Fall darüber sprechen, dann hilft es am Ende besser zu verstehen, warum so ein Fehler überhaupt passiert ist. Und dann kann man ihn beim nächsten Mal vermeiden. Vielen Dank Reinhard für deine Zeit und deine sehr anschaulichen Beispiele.
Professor Reinhard Strametz: Ja lieber, es hat mich sehr gefreut. Herzlichen Dank für Einladung.
Moderator: Neben Reinhard haben wir natürlich auch schon mit ein paar anderen inspirierenden Persönlichkeiten hier im Podcast gesprochen. Toni Selz hat uns zum Beispiel verraten, wie man zum Pfleger des Jahres wird und sehr interessante Gespräche habe ich auch mit Marion Basler geführt, sie hat sehr lange im Hospiz gearbeitet und kann einiges über den Tod weitergeben. Und sehr beeindruckend war auch das Gespräch mit Johnny Grasser, der mit Tetraspastik den Zuckerhut bezwungen hat. Falls ihr die Folgen verpasst habt, dann hört er unbedingt mal rein. Alle Episoden findet ihr natürlich unter www.bgw-online.de/podcast und natürlich gibt es diesen Podcast überall, wo es Podcasts gibt. Wenn euch die Folge gefallen hat, dann bewertet gerne den Podcast oder lasst n Kommentar da und damit sage ich Tschüss bis zum nächsten Mal. Achtet auf eure Fehler.
Interviewgäste
Lars Welk
BGW Gesamtbereich Präventionsdienste
Organisationsberatung für Sicherheit & Gesundheit
Kay Schulte
DRV Referatsleiter, Unfallprävention – Wege und Dienstwege
Deutscher Verkehrssicherheitsrat
Tipps:
Für unseren BGW-Podcast "Herzschlag - Für ein gesundes Berufsleben" nutzen wir den Podcast-Hosting-Dienst Podigee des Anbieters Podigee GmbH, Schlesische Straße 20, 10997 Berlin, Deutschland. Die Podcasts werden dabei von Podigee geladen oder über Podigee übertragen.
Wenn Sie unseren Podcast anhören, erfolgt eine Datenverarbeitung auf Grundlage unserer berechtigten Interessen, d.h. Interesse an einer sicheren und effizienten Bereitstellung, Analyse sowie Optimierung unseres Podcastangebotes gem. Art. 6 Abs. 1 lit. f. DSGVO.
Podigee verarbeitet dann IP-Adressen und Geräteinformationen, um Podcast-Downloads/ Wiedergaben zu ermöglichen und statistische Daten, wie zum Beispiel Abrufzahlen zu ermitteln. Diese Daten werden vor der Speicherung in der Datenbank von Podigee anonymisiert oder pseudonymisiert, sofern Sie für die Bereitstellung der Podcasts nicht erforderlich sind.
Weitere Informationen und Widerspruchsmöglichkeiten finden sich in der Datenschutzerklärung von Podigee: podigee.com/de/about/privacy/.
Sicherheit im Krankenhaus: Was muss besser werden, Prof. Reinhard Strametz? #98 BGW-Podcast "Herzschlag - Für ein gesundes Berufsleben"
In dieser Folge stellen wir euch Prof. Reinhard Strametz genauer vor. Der Arzt und Ökonom hat es sich zur Aufgabe gemacht die Patientensicherheit in unseren Kliniken und Pflegeeinrichtungen zu verbessern. Was sind typische Fehler? Warum passieren diese Fehler? Und wie können wir es den Ärztinnen und Ärzten, aber auch den Pflegekräften so schwer wie möglich machen, Fehler zu begehen?
Prof. Reinhard Strametz hat jede Menge persönliche Geschichten und anschauliche Beispiele für uns mit dabei, die zeigen auf was es beim Thema Patientensicherheit ankommt und wie wir hier in Zukunft besser werden können.
Hier kommen Sie zum Transkript dieser Folge
Jingle:
Herzschlag für ein gesundes Berufsleben der BGW Podcast
Moderator:
Der Fehler begleitet den Menschen. Dieser Satz, der stammt von Platon, einem griechischen Philosophen, und er hat natürlich absolut recht. Jeder und jede von uns macht Fehler, das ist ganz normal. Wichtig ist nur, dass man nicht zu viele davon macht und dass man aus Fehlern lernt, einer, der sich mit diesem Thema vor allem im Bereich der Medizin und der Pflege ziemlich gut auskennt, ist Professor Reinhard Strametz er ist Forscher, Autor, Dozent und Experte für Patienten und Patientinnen Sicherheit. Ich bin Ralf Podszus, und in dieser Ausgabe von „Inspirierenden Menschen aus dem Berufsalltag“ werde ich euch den lieben Reinhard einmal genauer vorstellen. Er lebt und arbeitet in Frankfurt und von dort ist er mir jetzt auch zugeschaltet. Grüß dich, Reinhard.
Professor Reinhard Strametz: Grüß dich, Ralf.
Moderator: Ich habe eben Platon zitiert und du zitierst ja auch ganz gerne, und zwar aus Goethes Faust. Zwei Seelen wohnen Ach, in meiner Brust. Was meinst du damit genau?
Professor Reinhard Strametz: Ja, zum einen als Frankfurter und jemand, der in Frankfurt studiert hat, habe ich dann mein Obligatorisches Goethe Zitat schon untergebracht. Das hat aber einen tieferen Sinn. Ich habe Medizin und Ökonomie studiert in dieser Reihenfolge und Hierarchie, und ich versuche eben, das Beste aus diesen Zwei Welten der Welt der Medizin und der Welt der Ökonomie, insbesondere das Qualitäts- und Risikomanagement als einen Teilbereich miteinander zum Wohle von Patientinnen und Patienten, Mitarbeitenden und den Gesundheitseinrichtungen zu verbinden.
Moderator: Wahrscheinlich könnten wir eine ganze Podcast Folge auch füllen, nur mit deinem Werdegang und deinen Publikationen. Spannend ist es trotzdem, wie du insgesamt zu diesem Mix des Arbeitsalltags gekommen bist. Und vielleicht kannst du es in 23 Sätzen mal kurz zusammenfassen, wie ist dein Background, wie ist das so zusammengekommen, wie es bei dir ist?
Professor Reinhard Strametz: Ja, also ich habe am Anfang Medizin studiert, das war schon immer mein Wunsch und damit war ich auch sehr glücklich. Ich habe aber schon während meines Vorklinischen Studiums festgestellt, dass sie als Ärztinnen und Ärzte nachher Entscheidungen treffen müssen, Entscheidungen im wahrsten Sinne des Wortes Überleben und Tod und dass wir auf diese Art von Entscheidung aber gar nicht genau vorbereitet werden, dass wir auch gar nicht darauf vorbereitet werden, wie wir nachher so eine Station schmeißen mit 30 Patienten, weil wir ja dann nicht nur verantwortlich für die Patientinnen und Patienten sind, sondern auch noch Herren über unsere eigene Zeit sein müssen und beispielsweise Zeitmanagement gut abbilden müssen. Und ich habe mich daher mit ein paar Kommilitoninnen und Kommilitonen im dritten Semester der Vorklinik, wir waren gerade im Präparierkurs auseinandergesetzt und hab gesagt, wie wäre es denn, wenn wir uns auch noch ein bisschen betriebswirtschaftliches Know-how drauf packen. Das war damals nur möglich an der Fernuniversität in Hagen, weil alles andere war postgradual und so als Student im dritten Semester kannst du natürlich nichts postgradual machen und so haben tatsächlich vier Kommilitoninnen und Kommilitonen von mir und ich beschlossen, wir fangen an noch neben Medizin Ökonomie zu studieren und ich habe mich dann eben auf Personalführung, Organisation und Dienstleistungsmanagement spezialisiert und das hat dann nachher meinen Werdegang im ärztlichen Qualitäts- und Risikomanagement geprägt.
Moderator: Weil jetzt deine Berufszusammenstellung ziemlich einzigartig ist. Ja, du bist für die Patienten und Patientinnen Sicherheit zuständig. Mediziner und Ökonomen haben wir gehört, bist du auch weltweit unterwegs.
Professor Reinhard Strametz: Genau. Ich habe die große Ehre, zum einen in zwei Forschungsnetzwerken der Europäischen Union tätig zu sein. Das eine beschäftigt sich damit, was mit Gesundheitsfachpersonal passiert, wenn sie einen schweren Fehler begehen, weil die natürlich auch davon betroffen sind, sogenannte Second Victims, und das zweite Netzwerk beschäftigt sich mit einem Dunkelfeld, wo wir noch relativ wenig darüber wissen, nämlich über Patientensicherheit in der häuslichen Pflege. Viele, viele, viele Menschen werden zu Hause gepflegt, von Angehörigen oder auch von bezahlten Laien, die aber keine formale Pflegeausbildung haben. Und was da passiert und wie wir deren Versorgung sicherer machen können, das ist Gegenstand des neuen EU Netzwerks Better Care, in dem ich ebenfalls stellvertretender Vorsitzender sein darf und eben aber auch mein Wissen mit Kolleginnen und Kollegen aus der ganzen Welt teilen darf. Ich war neulich in Japan und darf demnächst ein wenig in Europa rumreisen, um ebenso zu gucken, dass wir die Qualitäts- und Sicherheitsstandards möglichst weltweit auf ein noch besseres Niveau heben als sie schon sind.
Moderator: Du wohnst quasi schon am Frankfurter Flughafen. So schauen wir uns mal die Patienten und Patientensicherheit mit dem Qualitätsmanagement an, wo Menschen arbeiten, da passieren Fehler. Die Fehlerkultur, das ist deine Top Headline für alle Bereiche, das gilt natürlich auch für das Gesundheitswesen insgesamt, was sind da typische Fehler, die in Kliniken und auch in Pflegeeinrichtungen passieren?
Professor Reinhard Strametz: Also etwa 80 Prozent, also acht von zehn Fehlern, die entstehen, passieren nicht, weil irgendwo ein Medizinprodukt aus heiterem Himmel explodiert oder ähnliches, sondern tatsächlich in der zwischenmenschlichen Arbeit basierend, also auf sogenannten Humanfaktoren. Wir müssen uns überlegen, dass wir mittlerweile ein hochkomplexes System haben, in dem ganz viele Berufsgruppen und viele, viele Fachspezialisten an einem Patienten arbeiten. Und damit erhöht sich natürlich die Expertise und das ist gut so. Aber auch der Abstimmungsbedarf unter den Leuten erhöht sich, das heißt Informationsverluste, gerade da, wo wir beispielsweise noch mit Papier und Bleistift dokumentieren. Die sind durchaus an der Tagesordnung, insofern müssen wir in diesem hochkomplexen System eben andere Strategien walten lassen als noch zu Zeiten der Schwarzwaldklinik, wo es nur einen einzigen Professor Brinkmann gab und keine anderen Spezialisten. Wir müssen also gucken, dass wir diese Humanfaktoren mehr berücksichtigen und es, salopp gesagt, Menschen so schwer wie möglich machen, unbeabsichtigte Fehler zu tun.
Moderator: Aber Professor Brinkmann hat natürlich immer alles richtig gemacht, ganz klar. Nun kann man das so zusammenfassen, der Mensch ist immer schuld, ganz oft ist ja irgendein Unglück passiert, dann heißt es, es wird untersucht, und am Ende heißt es, es war menschliches Versagen, aber kann man das einfach so oft immer sagen, dass der Mensch das Problem ist?
Professor Reinhard Strametz: Das ist ein furchtbares Wort, menschliches Versagen und vor allem wissen wir, dass die Wahrheit häufig woanders liegt. Wenn wir wirklich gewissenhaft Patientensicherheitsvorfälle untersuchen, und das machen wir so ähnlich wie ja auch Flugunfalluntersuchungen beispielsweise passieren. Also mit der minutiösen Rekonstruktion der Geschehnisse nicht um den Schuldigen zu finden, sondern die Ursachen, dann sehen wir, dass am Ende immer irgendein armer Teufel der letzte Mensch war am Patienten und vielleicht eine ursächliche Handlung vorgenommen hat, die dann das Fass zum Überlaufen gebracht hat. Aber dahinter liegen häufig ganz, ganz viele systemische Fehler, die wir tatsächlich ausmerzen können, damit beim nächsten Mal dieser Fehler nicht mehr passiert.
Moderator: Du bist quasi die Blackbox im Gesundheitswesen und findest es alles raus. Warum passieren denn diese Fehler?
Professor Reinhard Strametz: Also es gibt ganz klassische Konstellationen und fehlerbegünstigende Ursachen. Ich nenne sie gern das dreckige Dutzend. Sind, denn es sind auch genau zwölf Stück und wenn wir uns die angucken, dann sind es eben immer wieder typische Konstellationen. Fehlerbegünstigende Situation sind zum Beispiel, wenn ich unbekannte neue Aufgaben mache, insbesondere dann, wenn ich nicht richtig supervidiert, also überwacht werde. Ich bin selbst Anästhesist, Narkosearzt und natürlich kann ich nicht vom ersten Tag an alleine am Patienten arbeiten, ohne dass mir eine erfahrene Kollegin oder ein erfahrener Kollege über die Schulter guckt und sagt, Was treibt er denn das? Unerfahrenheit ist ein großes Problem.
Man sagt zwar immer, na ja, wenn du eine Frage hast, dann ruf halt an, aber mit Unerfahrenheit sehe ich ja gar nicht, wenn Dinge schieflaufen, da fehlt mir ja wie gesagt die klinische Erfahrung zu sehen, Hoppala, jetzt muss ich aufpassen. Zeitdruck ist ein weiterer Punkt, das wissen wir alle. Unter Zeitdruck machen wir zehnmal so viele Fehler wie ohne Zeitdruck und Zeitdruck ist im Gesundheitswesen gerade bei dem Kostendruck, der herrscht immanent. Wenn ich versuche, etwas zu machen, dann ist es häufig sinnvoll, dass mich jemand anderes kontrolliert. Also ein Vier-Augen-Prinzip beispielsweise anzuführen, aber auch da wo Ressourcen fehlen, wo Personal fehlt fehlen eben auch Kontrollen, die ich nicht mache, um jemandem zu bevormunden, sondern einfach aus gutem Grund wie im Cockpit, der eine fliegt, der andere kontrolliert ihn, es hat sich bewährt. Und wenn ich neue Maschinen habe, das ist einerseits natürlich ein Segen, neue Medizinprodukte die noch viel besser am Patienten wirken, aber wenn ich die nicht bedienen kann, also eine mangelnde Mensch Maschine, Interaktion, das ist auch sehr fehlerträchtig.
Dazu kommen dann fehlerbegünstigende Faktoren, die eigentlich völlig banal sind. Müdigkeit beispielsweise, wenn ich in 24 Stunden Dienst mache und nicht mal es schaffe zu essen, sondern vielleicht gerade einmal auf Toilette kommen, in 24 Stunden, und das habe ich selbst ja oft genug als Anästhesist an einem Universitätsklinikum erlebt, dann leidet natürlich meine Gedächtnisleistung, meine Merkfähigkeit, meine Reaktionsfähigkeit. Wenn ich dann nach Hause fahre mit dem Auto, dann habe ich quasi eine Art Promillepegel intus, weil ich so müde bin. Hunger, wir wissen alle, es gibt so einen schönen Werbespruch, du bist nicht du, wenn du hungrig bist, gilt natürlich für Ärztinnen und Ärzte genauso. Wenn ich krank zur Arbeit gehe, wenn ich Sprachbarrieren beispielsweise habe, also den Patienten oder auch Mitarbeitende im Gesundheitswesen.
Wir sind ja sehr multikulturell aufgrund des Fachkräftemangels, wenn ich die nicht richtig verstehe oder eben auch, wenn es bestimmte wenige, aber bestimmte Menschen gibt, die wir im Gesundheitswesen auch haben, die nun mal ein Risikoreiches, ein gefährliches Verhalten an den Tag legen, und wir kennen alle Menschen in unserer Umgebung die, sagen wir mal, eher fünfe gerade sein lassen und eher sagen, Na ja, wird schon nicht so schlimm werden. Das kennen wir in unserem täglichen Umfeld, das kennen wir genauso in der Medizin, das sind wir sind ja nur ein Abbild, sagen wir mal des gesellschaftlichen Spektrums, aber auch das kann natürlich im Einzelfall zu Problemen führen, wenn ich jemanden habe, der im Zweifelsfall ins Risiko geht und nicht im Zweifelsfall auf Nummer sicher. Das sind so die typsichen Umstände, unter denen es zu Fehlern kommt, wenn wir die kennen und wissen, dann können wir aber natürlich ganz gezielt gegenarbeiten mit systematischen Einarbeitungskonzepten oder eben auch mit bestimmten technischen Tricks.
Also mein Lieblingsbeispiel ist immer die Mikrowelle, wenn ich nachts um drei völlig müde die Mikrowelle anschalte und mittendrin die Tür öffnen öffne, dann könnte ich mich ja rein theoretisch an den gefährlichen Mikrowellen verbrennen. Aber da denkt die Mikrowelle beziehungsweise der Ingenieur, der sie gebaut hat für mich mit in dem Moment wo ich da die Tür beherzt aufreiße, geht die Mikrowelle aus. Sie verhindert also, dass ich einen dummen Fehler begehe und da gibt es auch die ein oder andere Situation in der Medizin, wo solche Konstruktionen so ein sicheres Design zum Beispiel verhindert, einen dummen Fehler zu begehen.
Moderator: Ich natürlich als absoluter Technikdulli. Hab mir darüber nie Gedanken gemacht und einfach immer mal wieder die Mikrowelle ausgemacht. Finger rein ist schon gut, also danke liebe Ingenieure, dass ihr mich davor bewahrt habt. Du hast ja auch eben erzählt, du bist selbst ja Anästhesist. Gerade da hat man ja in Ruhe Verantwortung im OP Saal. Jeder Fehler kann fatale Folgen haben. Wie war das für dich mit dieser Verantwortung umzugehen?
Professor Reinhard Strametz: Das ist richtig, du kannst rein theoretisch der letzte Mensch sein, mit dem der Patient noch gesprochen hat, wenn er danach entsprechend einschläft und möglicherweise nicht wieder aufwacht. Und ich glaube, das Wichtige ist zum einen ein berechtigtes Maß an Selbstvertrauen zu haben, denn ich war mir ganz klar sicher, dass ich weiß, was ich tue und dass selbst wenn irgendetwas passiert, ich einen Plan B, einen Plan C, einen Plan D habe. Gleichzeitig brauchst du auch eine gewisse Demut, diese Sicherheitsmaßnahmen tatsächlich umzusetzen. Ich möchte ein einfaches Beispiel nennen, ich galt in meiner Abteilung meistens als eher so ein bisschen defensiv und wirklich sehr sicherheitsorientiert.
Ich habe allen Patientinnen und Patienten vor Einleitung der Narkose wirklich dicht so eine Sauerstoffmaske aufs Gesicht gesetzt und sagt, so, jetzt holen sie bitte tief Luft, damit sich der Stickstoff aus den Lungen auswäscht, die Lungen mit 100 Prozent Sauerstoff gefüllt sind, dass wenn beim Narkose einleiten irgendwas passiert, die Sauerstoffsättigung noch ganz, ganz, ganz lange bei 100 Prozent ist und wir uns damit quasi Zeit erkaufen. So, das war in vielen Fällen natürlich unnötig und wir haben auch einige Kollegen gesagt, Ey, du kriegst den doch intubiert, was lass das doch. Ja, und drei Wochen bevor ich meine Karriere als Narkosearzt aufgehört habe. Ich hatte schon meinen Ruf auf die Professur, da ist es mir tatsächlich bei einer Patientin passiert, dass ich eine sehr, sehr gefürchtete Situation erlebt habe.
Die sogenannte „cannot ventilate cannot, intubate“-Situation. Also ich kriege mit dem Beatmungsbeutel keine Luft in den Patienten, und ich kriege diesen Patienten dieser Patientin auch nicht intubiert, und das ist eigentlich so die Horrorvorstellung, weil wenn ich dann nicht präoxigniert habe, also diese Sauerstoffmaske auf das Gesicht der Patientin aufgesetzt, habe sie wirklich mehrfach 100 Prozent reinen Sauerstoff habe atmen lassen, dann würde die Sättigung sehr, sehr schnell runterfallen und es war ein ziemlich hässlicher Ton und es gibt ziemlich schnell auch entsprechend Hektik und möglicherweise müsste ich dann eine Nutrachetomie, also ein Notkehlkopfschnitt machen, um überhaupt diese Patientin noch am Leben erhalten. Es kam anders, nämlich als ich gemerkt habe, ich kann die Patientin nicht intubieren, ich kann sie nicht beatmen, habe ich sie sechs/sieben Minuten nach der Narkoseeinleitung auf natürlichem Wege aufwachen lassen, ohne dass die Sättigung entsprechend gefallen ist, ohne dass irgendwer in wahnsinnigem Stress war. Ich hatte natürlich Puls und Blutdruck, das kannst du dir vorstellen, weil das eine kritische Situation war, aber dadurch, dass ich vorher diese 30 Sekunden investiert habe in diese Sicherheitsmaßnahme, ist die Patientin völlig problemlos aufgewacht und wir haben sie dann einen Tag später problemlos intubieren und auch nachher operieren können.
Diese 8 Jahre Sicherheitsmaßnahmen zeigen, dass man manchmal tatsächlich eben Sicherheitsmaßnahmen eine ganze Zeit lang machen muss. Früher oder später werden sie sich aber auszahlen und das war mir sozusagen auch noch mal im Nachgang eine große Lehre und das ist ein Beispiel, dass ich gerne den jungen Kolleginnen und Kollegen beibringe zu sagen, ihr wisst zwar nicht, wann euch das mal den Hintern retten wird, aber früher oder später wird der Tag kommen.
Moderator: Und wenn wir mal ganz kurz zurückgehen, jetzt warst du schon der erfahrene Kollege und trotzdem ist sowas passiert. Also ne, man ist nicht davor gefeit, auf jeden Fall immer mal wieder sich so ein bisschen daran erinnern, jede Situation kann einfach anders sein, man ist nicht unfehlbar, das kann vielleicht passieren, dieses Gefühl, wenn man so ein bisschen längere Zeit dabei ist. Du bist ja auch schon in meinem anderen Podcast Notaufnahme, die lustigsten Patientengeschichten dabei gewesen, da hast du eine Geschichte von dem ja sagenden Japaner erzählt. Und auch da kann man in Bezug auf Fehlern, die passieren können, gerade bei der Anästhesie einiges lernen. Vielleicht kannst du die nochmal erzählen.
Professor Reinhard Strametz: Genau das war eine im Endeffekt gut ausgegangene Geschichte, die mir aber vor Augen geführt hat, wie schlecht ich in diesem Moment tatsächlich mit dem Patienten kommuniziert habe. Also Narkoseaufklärungsgespräch in der Prämedikationsambulanz, das geht da zack, zack wie am Fließband. Wir waren an dem Tag auch schon ein bisschen hinten dran und dann kam zu mir ein Japaner, der am nächsten Tag operiert werden sollte, kam ganz freundlich an, Verbeugte sich auch mit der 15 Grad Verbeugung, wie wir das von Japan kennen. Ich schätze die Höflichkeit dieser Menschen extrem.
Ich war auch neulich in Japan, konnte mich davon überzeugen, die sind wirklich da, alle so, und es ist wunderbar. Dann setzte er sich hin, lächelte mich an und ich begann halt mit meiner Story, die man da so 30 mal am Tag ungefähr den Patienten erzählt. Und dann fragte ich ihn die ersten Fragen und lächelte mich an. Und er antwortete stets, wenn ich ihm eine Frage gestellt habe, sehr freundlich mit: Ja. Wir haben da so eine Checkliste und die wird durchgegangen entsprechend vor dem Gespräch. Und da antwortet er immer mit ja, ja, ja, ja, ja, ich dacht mir schon wunderbar, das geht relativ ruck zuck und am Ende dieser Checkliste sah ich dann, dass er seine Körpergröße und sein Gewicht nicht notiert hatte. Das ist aber wichtig für die Narkose, weil wir ja die Narkose Mittel danach dosieren, also fragte ich ihn nochmal. Entschuldigen Sie, können Sie mir bitte kurz noch mal Ihr Körpergewicht sagen? Ja, das wäre an sich schon eine gute Frage gewesen, darauf bräuchte ich aber nach. Wie schwer sind Sie denn bitte? Ja, wie groß sind Sie denn bitte? Ja, sie haben gerade überhaupt nicht verstanden, was ich in die letzten 25 Minuten erzählt habe, stimmt das?
Ja. Also der hat im Prinzip gar nichts verstanden, aber sozial erwünschte Antwort, man widerspricht ja nicht, war so, dass er im Prinzip auf alles, was ich gesagt habe, gelächelt hat und ja gesagt hat, und daraufhin habe ich eben gemerkt, ja, du hast gerade 20 Minuten am Patienten komplett vorbeigeredet und wir müssen ja, und das ist gut so, in einer für den Patienten verständlichen Art und Weise aufklären und somit habe ich dann auf Englisch das Gespräch noch mal entsprechend wiederholt. Und so konnte derjenige dann problemlos operiert werden. Wäre das in einer anderen Situation gewesen, dann hätte ich mich aber bös in die Nesseln gesetzt, also wenn ich zum Beispiel nachts jemanden gefragt hätte, sind Sie der Herr Müller, und der hätte mir mit ja geantwortet und ich hätte ihn daraufhin eine Blutkonserve angehängt, dann hätte ich ja eine Patientenverwechslung begangen, die möglicherweise sogar tödlich ausgegangen wäre. Also was mich das gelehrt hat, ist, geschlossene Fragen sind blöd in der Medizin, offene sind besser, genauso zum Beispiel bei der Identität eines Patienten.
Ich würde jetzt nicht fragen, sag mal, bist du der Herr Schneider und wenn du schon prämidiziert wirst, dann wirst du möglicherweise auch irgendwie was antworten, was ich als ja interpretiere, sondern ich würde sagen, wie ist denn dein Name, wie ist denn dein Geburtsdatum? Ich checke das gegen und damit habe ich eine wesentlich höhere Chance, dass es eben nicht zu vermeidbaren Fehlern kommt.
Moderator: Und das ist immer genau deine Aufgabe die Fehler zu vermeiden, hier lernt man sie daraus keine geschlossenen Fragen, ist ja an sich ganz simpel, kann man ja in Zukunft immer so machen bei der Anamnese. Dein Ziel ist es, dass sich die Mitarbeitenden im Gesundheitswesen auf das konzentrieren können, was sie wollen, nämlich Menschen helfen und dass die Rahmenbedingungen so optimal gestaltet sind, dass es ihnen so schwer wie möglich gemacht wird, Fehler zu begehen. Wie genau schaffen wir das?
Professor Reinhard Strametz: Das schaffen wir zum einen, indem wir die Menschen in der Ausbildung sensibilisieren, dieses einfache Beispiel, mit dem keine geschlossenen Fragen, das hört sich so einfach an, das würde jeder unterschreiben. Es wird aber im Medizinstudium bislang nicht systematisch ausgebildet und das andere ist, dass wir eben auch Techniken nutzen, die es uns so schwer machen wie möglich, Fehler zu begehen. Einfaches Beispiel, ich bin ja ein Anästhesist, wir haben Narkosegeräte und wir arbeiten ja auch mit gewissen medizinischen Gasen. Also allen voran natürlich Sauerstoff, damit die Patienten am Leben aber auch zum Beispiel Stickstoff oder Druckluft.
Und früher gab es tatsächlich einige tödliche Komplikationen, weil man beim Zusammenbauen von den Geräten diese Schläuche miteinander verwechselt hat und dann zum Ende der Narkose nicht 100 Prozent Sauerstoff aufgedreht hat, um den Patienten aufzuwecken, sondern 100 Prozent Lachgas, was dann tödlich verlaufen ist. Seitdem haben diese Anschlüsse eine genormte Form, also Druckluft zum Beispiel ist viereckig und Sauerstoff ist Sechseckig und mir selbst ist es nachts um zwei, als ich hundemüde war, schon passiert, dass ich versucht habe, diese Stecker miteinander zu verwechseln. Hab mir dann gedacht, verdammt, wieso geht denn das nicht in die Wand rein.
Bis ich dann gemerkt habe sechseckiges Stück und kein Viereckiges. Ich muss also in die andere Dose stecken. Diese Technik hat mir also selber nicht davor bewahrt, einen so dummen Fehler zu machen. Selbiges übrigens, wenn man an die Tankstelle fährt und Diesel Zapfsäule in die Hand nimmt, während man einen Benziner hat. Die Diesel Zapfsäule ist größer als der Benziner tankstutzen, insofern kann man das gar nicht falsch machen, umgekehrt natürlich schon.
Moderator: Es ist so typisch Mensch, einfach weil was über müde 02:00 Uhr in der Früh hast du gesagt, jetzt hat man ja seine Idee und die muss jetzt durchgepeitscht werden um jeden Preis. Man überlegt jetzt gar nicht was anderes ist, muss doch jetzt gehen, jetzt mach doch mal verdammt noch mal.
Professor Reinhard Strametz: Du bist zum Tunnel und du denkst in diesem Moment ja nicht, dass du einen Fehler machst. Das ist ja ganz typisch, sondern du denkst in diesem Moment, es fühlt sich gut an. Bist du irgendwann realisiert? Oh, das war jetzt gerade gar nicht gut. Und genauso gibt es zum Beispiel, wenn man Medikamente verabreicht, mittlerweile Sicherheitsstrategien. Früher gab es etliche tödliche Zwischenfälle, weil ein Medikament, das eigentlich für die Magensonde oder für den Magen Darm Trakt bestimmt war aus Versehen in einen Vene gespritzt wurde, weil die Anschlüsse miteinander vergleichbar waren. Heutzutage gibt es spezielle Spritzensysteme mit so einem riesenfetten Nupsi vorne dran, der gar nicht mehr auf eine Verweilkanüle passt um damit beispielsweise Medikamente für die Magensonde aufzuziehen.
Das ist ähnlich wie Diesel und Benzin an der Tankstelle, das sind einfach unterschiedliche Größen, die passen nicht aufeinander und damit macht man es technisch unmöglich, es sei denn, man manipuliert bewusst. Macht es technisch unmöglich, dass so ein Fehler passiert und die Kombination aus sicheren Design, Schulungen und Sensibilisierung, die kann tatsächlich dazu führen, dass entweder einfach weniger Fehler passieren und zum anderen, dass Fehler, die nun mal passieren, während der Entstehung entdeckt und rechtzeitig behoben werden.
Also das klassische Beispiel dafür ist die OP Checkliste, wo man nochmal kurz bevor der Chirurg wirklich das Skalpell in die Hand nimmt und schneidet, also kurz bevor man es nicht mehr wiedergutmachen kann, nochmal checkt, ist das der richtige Patient, ist es die richtige Seite. Sind alle soweit, haben wir auch alles. Also Beispiel bei einer Hüftprothese ist die Hüftprothese auch vorhanden, dass wenn der Knochen aufgebohrt ist und alles wir auch eine Hüftprothese haben, die wir dem Patienten einsetzen können. Eine einfache, eine banale Frage, aber es lohnt sich wie vor dem Start eines Flugzeugs diese 30 Sekunden zu investieren, um nochmal alles gegenzuchecken, weil wenn wir dann irgendwie merken, hups, es ist noch irgendwas, dann haben wir immer noch die Möglichkeit zu sagen, OK, zumindest schneiden wir jetzt nicht in den Patienten rein, ohne dass wir entsprechend vorbereitet sind. Und diese Checkliste, die ja mittlerweile auch gesetzlich verpflichtend ist, in jedem OP, das ist zum Beispiel eben eine Erkenntnis, die wir auch aus anderen Branchen via Luftfahrt haben, damit wir eben Fehler, die vielleicht dazwischen passiert sind.
Und ich habe das tatsächlich gehabt, dass andere Patienten eingeschleust worden sind oder dass die Seite noch vor Schnitt getauscht werden musste, weil wir im allerletzten Moment gemerkt haben, UPS, hier ist ein Seitenverwechslung da, dann sind solche Checklisten eben sehr heilsam, weil dieser Fehler dann nicht zu einem Schaden führt, sondern wir rechtzeitig entsprechend die Kurve kriegen und den Patienten sicher operieren.
Moderator: Und bei der Sicherheit für Patientinnen und Patienten, das haben wir heute auch schon mitbekommen, ist die Luftfahrt auch immer anscheinend sehr wichtig, weil man da viel, viel übernehmen kann in Bezug auf Sicherheit. Und ich fand deine Formulierung der Riesenfette Nupsi eben sehr schön. Also am Ende rettet sogar der Riesenfette Nupsi leben, so soll es sein und vielleicht siehst du das hier, ich habe hier an meinem Hals ein ziemlich lange Narbe, so zehn Zentimeter sieht man mal mehr, mal weniger, und das war meine lebensnotwendige Operation, die ich da hatte.
Aber man sieht so an der Seite wie noch so ein kleiner Zentimeter noch so eine andere kleine Narbe da ist, da hat der behandelnde Chirurg erst mit dem Skalpell angesetzt und dann ist er zum Glück noch mal seine geistige Checkliste wohl durchgegangen, weil hier am Hals sind so viele Nerven und da kann man ganz viel zerstören. Dann hat er zwar schon Reingestochen, hat sich dann überlegt, nee, blöde Ecke und ist noch mal woanders rangegangen. Und damit hat er mir sehr geholfen, weil sonst würde meine Zunge ganz hinten irgendwie nur sein oder was weiß ich, was da noch alles für Probleme kommen können. Er hat sich also doch noch mal überlegt. Nee, dieser Ursprungsschnitt, der wäre jetzt doof.
Professor Reinhard Strametz: Das ist ja vor allem für dich ganz wichtig. Du brauchst ja deine Stimme beruflich, also stell dir mal vor, was das für ne Konsequenz gehabt hätte, wenn du jetzt nur noch entsprechend irgendwie verwaschen sprechen könntest. Also das wäre eine blöde Podcast Folge. Also es wäre auf jeden Fall eine große Katastrophe. Und das Gute ist eben, dass sogar wenn man mitten im Tun ist es eben die Möglichkeit des sogenannten Speak-up gibt, also dass man sagt, hier Kurzauszeit sind wir wirklich auf der richtigen Spur. Und das lernen wir zum Beispiel, wenn wir im Schockraum arbeiten oder auch im OP im sogenannten Crew Resource Management Trainings.
Da geht es nicht darum, dass man besonders toll irgendwie mit einem Laser hantieren kann, also handwerkliche Fähigkeiten, da geht es um die nicht technischen Fähigkeiten, um die Kommunikation und grob gesagt darum, dass man die gesamte Brainpower, die im Raum ist, also die gesamten Ideen, Eindrücke, Wahrnehmungen und die gesamte Kompetenz wirklich nutzen kann und dann möglicherweise der eine dem anderen auch sagt, vielleicht war es ja so in deinem Fall, dass der Assistent gesagt hat, wollen sie nicht ein bisschen tiefer ansetzen, um den Nerv XY zu schonen, könnte ja sein. Eine Kultur, in der das möglich ist und zwar nicht um jemanden über den Mund zu fahren, sondern zum Wohle der Patientinnen und Patienten. Das ist das, worauf wir letzten Endes hinarbeiten.
Also die Checklisten und diese ganzen anderen technischen Spielereien, die funktionieren nur dann wirklich gut, wenn die Menschen eben auch bereit sind, das zu machen und wie gesagt, selbst der erfahrenste Anästhesist, Chirurg, Internist, was auch immer bereit ist, sich selbst in Frage zu stellen oder eine konstruktive, kritische Anmerkung entsprechen nicht gleich als persönliche Beleidigung wahrnimmt, sondern als einen Versuch, die Behandlung noch sicherer zu machen.
Moderator: Immer wenn hier im Podcast inspirierende Menschen vorgestellt werden, dann gibt es am Ende der Folge ausgewählte Sätze, die dann vom Gast vervollständigt werden. Auch für dich natürlich, Reinhart. Da haben wir uns ein paar Sätze überlegt, bist du bereit?
Professor Reinhard Strametz: Ich bin bereit und gespannt.
Moderator: Wenn ich nicht Arzt geworden wäre, dann würde ich heute …
Professor Reinhard Strametz: Mich wahrscheinlich trotzdem für die Patientensicherheit einsetzen.
Moderator: Schätzen am meisten Spaß habe ich während der Arbeit, wenn …
Professor Reinhard Strametz: Ich merke dass der Groschen fällt und Menschen von sich aus Patientensicherheitsmaßnahmen umsetzen und implementieren.
Moderator: In meiner Freizeit mache ich am liebsten …
Professor Reinhard Strametz: Ich gehe sehr gern ins Fußballstadion und bin leidenschaftlicher Fan von Eintracht Frankfurt …
Moderator: Wenn meine Kinder einen Fehler machen, dann …
Professor Reinhard Strametz: Dann versuche ich mit ihnen darüber sachlich zu reden und ich merke selber, wie schwer es mir fällt, wenn eine meiner Töchter zum endlosen mal ein Glas Heidelbeerschorle auf einer weißen Tischdecke umsetzt, das heißt, ich sehe dort immer wieder in Demut, wie schwierig es ist, wirklich konstruktiv mit Fehlern umzugehen, aber auch da tue ich natürlich mein Bestes.
Moderator: Wenn ich eine Sache im Gesundheitswesen sofort ändern könnte, dann wäre das …
Professor Reinhard Strametz: Die Aufhebung der Sektorengrenzen und ein verstärktes Miteinander statt gegeneinander der einzelnen Akteure.
Moderator: Wenn ich als Eintracht Frankfurt Fan ein bestimmtes Spiel noch einmal erleben könnte, dann wäre das …
Professor Reinhard Strametz: Das drei zu zwei gegen den FC Barcelona im Stadion.
Moderator: Wenn ich beim Autofahren geblitzt werde, dann denk ich mir gleich …
Professor Reinhard Strametz: Selber schuld. Es kommt zwar nicht vor, dass ich geblitzt werde, weil ich fahr immer so schnell wie erlaubt, aber wenn ich geblitzt werden würde, dann muss ich ganz ehrlich sagen, selber schuld.
Moderator: Das war jetzt auch die Fangfrage, weil bei dem Mega Sicherheitsman bin ich sehr davon ausgegangen, dass du auf jeden Fall immer genau nach dem vorgeschriebenen Tempo fährst und das erspart dann ja auch unnötigen Stress für alle. Jetzt kommen wir noch mal zu dem Eintracht Frankfurt Fan zurück. Denn das passt dann auch zu dieser Folge. Im Fußball gewinnt am Ende die Mannschaft, die am wenigsten Fehler macht und so könnte man das auf alle Bereiche im Leben übertragen. Fehler gehören einfach dazu, sie passieren halt, aber man sollte auf jeden Fall darüber sprechen, dann hilft es am Ende besser zu verstehen, warum so ein Fehler überhaupt passiert ist. Und dann kann man ihn beim nächsten Mal vermeiden. Vielen Dank Reinhard für deine Zeit und deine sehr anschaulichen Beispiele.
Professor Reinhard Strametz: Ja lieber, es hat mich sehr gefreut. Herzlichen Dank für Einladung.
Moderator: Neben Reinhard haben wir natürlich auch schon mit ein paar anderen inspirierenden Persönlichkeiten hier im Podcast gesprochen. Toni Selz hat uns zum Beispiel verraten, wie man zum Pfleger des Jahres wird und sehr interessante Gespräche habe ich auch mit Marion Basler geführt, sie hat sehr lange im Hospiz gearbeitet und kann einiges über den Tod weitergeben. Und sehr beeindruckend war auch das Gespräch mit Johnny Grasser, der mit Tetraspastik den Zuckerhut bezwungen hat. Falls ihr die Folgen verpasst habt, dann hört er unbedingt mal rein. Alle Episoden findet ihr natürlich auf der Webseite der BGW bei ww,bgw-online.de/podcast und natürlich gibt es diesen Podcast überall, wo es Podcasts gibt. Wenn euch die Folge gefallen hat, dann bewertet gerne den Podcast oder lasst n Kommentar da und damit sage ich Tschüss bis zum nächsten Mal. Achtet auf eure Fehler.
Jingle: Herzschlag für ein gesundes Berufsleben, der BGW Podcast.
Interviewgast
Prof. Dr. med. Reinhard Strametz
Mediziner und Ökonom
Forscher, Autor, Dozent, Experte für Patientensicherheit
Professur für Patientensicherheit
Hochschule RheinMain, Wiesbaden
Für unseren BGW-Podcast "Herzschlag - Für ein gesundes Berufsleben" nutzen wir den Podcast-Hosting-Dienst Podigee des Anbieters Podigee GmbH, Schlesische Straße 20, 10997 Berlin, Deutschland. Die Podcasts werden dabei von Podigee geladen oder über Podigee übertragen.
Wenn Sie unseren Podcast anhören, erfolgt eine Datenverarbeitung auf Grundlage unserer berechtigten Interessen, d.h. Interesse an einer sicheren und effizienten Bereitstellung, Analyse sowie Optimierung unseres Podcastangebotes gem. Art. 6 Abs. 1 lit. f. DSGVO.
Podigee verarbeitet dann IP-Adressen und Geräteinformationen, um Podcast-Downloads/ Wiedergaben zu ermöglichen und statistische Daten, wie zum Beispiel Abrufzahlen zu ermitteln. Diese Daten werden vor der Speicherung in der Datenbank von Podigee anonymisiert oder pseudonymisiert, sofern Sie für die Bereitstellung der Podcasts nicht erforderlich sind.
Weitere Informationen und Widerspruchsmöglichkeiten finden sich in der Datenschutzerklärung von Podigee: podigee.com/de/about/privacy/.