Verstecktes Risiko? Sicherheitsgeräte und Abwurfbehälter auf dem Prüfstand BGW magazin 1/2025

Laborsituation: Zwei Personen beobachten eine weitere Person bei der Durchführung eines Produkttests

Die Produkttests finden unter Laborbedingungen statt: Fachleute begutachten und bewerten die Handhabung der Sicherheitsgeräte durch medizinisches Fachpersonal.

Sichere Produkte helfen, Nadelstichverletzungen zu verhindern. In vergleichenden Tests hat die BGW Venenverweil­kanülen, Blutentnahmesysteme und Abwurfbehälter unter die Lupe nehmen lassen. Sowohl Beschäftigte, die im Arbeitsalltag solche Produkte anwenden, als auch Fach­expertinnen und Fachexperten bewerteten die ergonomische Gestaltung. Bei einigen Produkten stießen die Fachleute auf gravierende Sicherheitsmängel.

Tag für Tag legen Beschäftigte im Gesundheitsdienst Gefäßzugänge für Infusionen und nehmen Blut für Untersuchungen ab. Dabei arbeiten sie mit spitzen Kanülen. Das birgt die Gefahr, sich versehentlich zu stechen. Kommt es zu Nadelstichverletzungen, besteht das Risiko, sich eine durch Blut übertragbare Infektionskrankheit wie Hepatitis B, Hepatitis C oder HIV zuzuziehen.

Um Nadelstichverletzungen zu verhindern, fordert die Technische Regel für biologische Arbeitsstoffe im Gesundheitswesen (TRBA 250) den Einsatz von Instrumenten mit Sicherheitsmechanismus, auch als "Sicherheitsgeräte" bezeichnet. Diese Sicherheitsgeräte schützen die Nadel nach dem Gebrauch durch eine Abdeckung, um Verletzungen zu vermeiden. Der Sicherheitsmechanismus kann selbstauslösend (passiv) oder mit einer Hand aktivierbar sein (aktiv). Er soll einen erneuten Gebrauch des Produkts unmöglich machen und muss haptisch, optisch oder akustisch zu erkennen sein.

Illustration: Eimer mit nach oben geöffnetem Verschlussdeckel, aus dem eine Kanüle ragt

Um Verletzungen zu vermeiden, müssen Sicherheitsgeräte in geeigneten Abwurfbehältern sicher entsorgt werden.

Sicher entsorgen

Unfälle ereignen sich aber nicht nur bei der direkten Anwendung an Patientinnen und Patienten. Spitze und scharfe Gegenstände müssen nach der Benutzung in sogenannten Abwurfbehältern entsorgt werden, um das Verletzungsrisiko zusätzlich zu senken.

Abwurfbehälter sind fest verschließbare Einwegbehältnisse, die durchdringfest, feuchtigkeitsbeständig und in ihrer Form, Farbe sowie Beschriftung eindeutig als Abfallbehältnisse zu erkennen sind. Um eine Überfüllung zu verhindern, muss auf dem Behälter die maximale Füllmenge deutlich gekennzeichnet sein.

Unfallrisiken auf der Spur

Trotz dieser Vorgaben registrierte die Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW) im Jahr 2023 rund 45.000 Stich- und Schnittverletzungen. Die Dunkelziffer liegt vermutlich höher; längst nicht jede Nadelstichverletzung wird gemeldet.

Die Gründe für Nadelstichverletzungen sind vielfältig: Unvorherseh­bare Bewegungen von Patienten oder Patientinnen, Müdigkeit, der hohe Zeitdruck im Gesundheitswesen und die unsachgemäße Entsorgung der Instrumente zählen zu den Ursachen.

Die hohen Zahlen an Nadelstichverletzungen trotz vorhandener Sicherheitsmechanismen werfen jedoch auch Fragen zum Produktdesign auf: Wie benutzerfreundlich und praxistauglich sind Sicherheitsgeräte und Abwurfbehälter tatsächlich?

Um diese Fragen zu klären und Nadelstichverletzungen nachhaltig zu reduzieren, hat die BGW in drei vergleichenden Produkttests die ergonomische Gestaltung von Venenverweilkanülen, Blutentnahmesystemen und Abwurfbehältern untersucht.

Die Ergebnisse im Überblick


Illustration: Einwegspritze mit Verschlusskappe

Größtenteils sehr gut bis gut zu bedienen, aber nur mäßig zufriedenstellend in der Anwendung

Insgesamt wurden 10 von 16 getesteten Produkten mit "gut" beurteilt, 4 mit "befriedigend" und 2 mit "ausreichend". Kein Produkt bekam die Gesamtnote "sehr gut" – jedoch auch keines ein "mangelhaft".

Das am schlechtesten bewertete Produkt wurde aufgrund von Gestaltungsmängeln um eine Notenstufe abgewertet. Der Sicherheitsmechanismus könnte leicht abfallen oder abgenommen werden.

Alle Ergebnisse im Detail und weitere Ausgaben: BGW-test

Tipps für die Produktauswahl

Die Testergebnisse zeigen, dass einige Produkte Mängel aufweisen, die potenziell zu Stichverletzungen führen können. Die BGW wird das Gespräch mit den Herstellern suchen und darauf hinwirken, dass die Produkte nachhaltig sicher gestaltet werden. Um Nadelstichverletzungen zu reduzieren, sollten Gesundheitseinrichtungen die folgenden Aspekte berücksichtigen:

Allgemein

  • Auf die Risiken von Nadelstichverletzungen hinweisen und Schulungen zur sicheren Anwendung und fachgerechten Entsorgung durchführen.
  • Beschäftigte bei der Auswahl einbeziehen.
  • Produkte vor der Beschaffung testen und bewerten. 

Tipp: Nutzen Sie den Bewertungsbogen für Medizinprodukte!

Venenverweilkanülen und Blutentnahmesysteme

Venenverweilkanülen und Blutentnahmesysteme

Abwurfbehälter

Abwurfbehälter

Von: Dr. Niels Hinricher und Lorenz Müller