Pflege in der Krise: Handeln statt reden – aber wie, Dominik Stark? #116 BGW-Podcast "Herzschlag - Für ein gesundes Berufsleben"
Dominik Stark ist Fachgesundheits- und Krankenpfleger. Er arbeitet auf der Intensivstation und in der Notaufnahme, engagiert sich aktiv in der Gewerkschaft und ist Vorstandsmitglied der Pflegekammer NRW. Mit großem Einsatz setzt er sich für bessere Arbeitsbedingungen und strukturelle Verbesserungen in der Pflege ein. Seine Reichweite in den sozialen Medien nutzt er gezielt, um die positiven Seiten des Berufs hervorzuheben und junge Menschen für die Pflege zu begeistern.
Im Gespräch mit Moderator Ralf Podszus erzählt Dominik von seinem ungewöhnlichen Werdegang – vom Schulabbrecher zum Pflegeprofi. Außerdem sprechen sie über den Pflegenotstand und darüber, welche Wege und Maßnahmen endlich zu sichtbaren Veränderungen im Gesundheitswesen führen können.
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Moderator:
Carotis-Stent, Laparoskopie, Polycythaemia und Szintigraphie, Vera … OK, ich muss zugeben, ich habe vorher schon so ein bisschen geübt und trotzdem wahrscheinlich nicht alles richtig ausgesprochen. Medizinische Fachbegriffe, die können echte Zungenbrecher sein. Einer, der sie nicht nur richtig aussprechen kann, sondern auch weiß, was sich hinter diesen Begriffen verbirgt, das ist Dominik Stark, Fachgesundheits- und Krankenpfleger am Evangelischen Klinikum Bethel in Bielefeld. Seinen knapp 40.000 Followern auf Instagram erklärt er regelmäßig, was es mit solchen Fachbegriffen auf sich hat, und außerdem nimmt er sie mit in seinen Berufsalltag und zeigt neben all der Kritik, die es immer wieder in der Pflege gibt, welche schönen Seiten dieser Beruf hat. Ich bin Ralf Podszus, und ich stelle euch heute Dominik vor, in unserer Reihe Inspirierende Branchenpersönlichkeiten. Vorher mache ich kurz noch mit den medizinischen Fachbegriffen weiter: Juvenile Arteriosklerose, myoklyonische Epilepsie, Phytotherapeutika.
Jingle:
Herzschlag! Für ein gesundes Berufsleben, der BGW-Podcast.
Moderator:
Moin Dominik, schön, dass du bei mir bist.
Dominik Stark:
Moin, vielen Dank für diese nette Begrüßung und überragende Fachbegriffe, die du dir ausgesucht hast.
Moderator:
Ich glaube diese Arteriosklerose – was ist das überhaupt?
Dominik Stark:
Arteriosklerose ist eigentlich eine Verkalkung, ein Abbau von den Arterienwänden. Es ist ein richtiger Zungenbrecher, aber man muss auch nicht alle extremen Fachbegriffe direkt auswendig können, das kann auch nicht jeder immer perfekt aussprechen.
Moderator:
Das kostet ja auch Zeit. Du willst deiner Kollegin kurz rüberrufen, du musst ja noch die Arteris..., da kann der Patient ja schon tot sein. Also lieber gleich sagen, was man machen soll, oder?
Dominik Stark:
Deswegen haben wir immer ganz viele Abkürzungen, da muss man nur aufpassen. Die Abkürzung HWI, kann entweder ein Harnwegsinfekt sein oder ein Hinterwandinfarkt. Geht beides sehr krass auseinander. Deswegen lieben wir wirklich Abkürzungen, ECMO zum Beispiel. Keiner läuft über Stationen, wo du sagst, kannst du mal die Extrakorporale Membranoxydinierung testen.
Moderator:
Ich würd es feiern.
Dominik Stark:
Ja, dann würde unser Arbeitstag aber noch mal 50 Prozent länger gehen.
Moderator:
Wir reden jetzt nicht mehr über Abkürzungen, sondern vor allem über dich. Du bist selbst auch Podcaster, nicht nur Pflegeexperte, sondern auch Audio-Man sehr schön. Wie heißt dein Podcast und was machst du da?
Dominik Stark:
Stimmt tatsächlich. Seit gar nicht so langer Zeit habe ich auch einen Podcast, der heißt „pflegeSTARK“. Natürlich zum einen wegen meinem Nachnamen, aber auch, weil einfach die Pflege stark repräsentiert werden soll und die Pflege auch in der Gesellschaft sichtbar sein soll mit diesem Podcast. Ich lade ganz viele Menschen aus dem Gesundheitswesen, Pflege, Medizin etc. ein. Wir reden über wichtige Dinge, kritische Dinge und ich habe immer wieder mal so Einzel-Talks, wo ich über bestimmte Themengebiete aus der Pflege auch spreche. Sei es Berufspolitik, sei es Sterben und Tod. Ich versuche da echt Tabuthemen auch wirklich nach vorne zu bringen und das ist jetzt ein Projekt, was ich seit ein paar Monaten habe. Es ist ganz cool jetzt in diesem Podcast-Game sozusagen mit zu sein.
Moderator:
Dann hört mal rein in den Podcast „pflegeSTARK“. Ich finde es auch immer sehr wichtig zum Beispiel über den Tod zu reden. Gerade wir Deutschen, die mögen das nicht so gerne. Dabei ist das natürlich sehr wichtig. Es geht uns alle irgendwie an und da kann man eben auch ganz viel bei lernen. Es ist normal drüber zu sprechen. Dann arbeitest du noch auf der Intensivstation und in der Notaufnahme, engagierst dich aktiv in der Gewerkschaft und bist Vorstandsmitglied der Pflegekammer NRW und im letzten Jahr bist du zum ersten Mal Papa geworden. Herzlichen Glückwunsch!
Dominik Stark:
Vielen Dank, ganz genau, richtig, absolutes Highlight. Bei all den schönen Dingen, die ich, sagen wir mal erlebe, auch durch das Engagement oder Ähnliches, war das Papa werden natürlich das größte Highlight überhaupt, unbeschreiblich.
Moderator:
Dann ist es ja so schon so viel, was du machst, denn Zeitmanagement ist wirklich eine Herausforderung. Schaffst du es überhaupt noch, als Fußballfan ins Stadion zum BVB?
Dominik Stark:
Ach, das trifft mich jetzt. Nein, schaffe ich tatsächlich im Moment nicht mehr so oft. Ich habe seit vielen Jahren auch eine Dauerkarte. Ich bin in Dortmund groß geworden und Fußball ist in Dortmund eine Religion, man wird da so reingeboren und hat keine andere Wahl.
Moderator:
Egal, wie die Spielen.
Dominik Stark:
Ist egal wie die spielen, man ist Borusse und man geht auch ins Stadion für die Leute, wenn man da seine Freunde hat, mit denen man da zusammen auch mal Samstag den Alltag auch ein bisschen zur Seite schieben kann. Aktuell schaffe ich es leider gar nicht und ich muss auch ehrlich sagen, sie spielen auch schlecht im Moment. Nein, das lassen wir jetzt mal, aber ich versuche, wenn ich ein freies Wochenende habe, dort tatsächlich die Zeit mit meiner Familie zu verbringen. Das sind gerade so Prioritäten, die sich ja so ein bisschen schneiden und dann muss man sich halt für eins entscheiden. Ich versuche trotzdem ab und zu wenigstens noch mal ins Stadion zu gehen, weil die Leidenschaft bleibt natürlich Fußball.
Moderator:
Es dauert noch ein bisschen, bis sich das Baby die erste Stadionwurst gönnen darf. Noch ein bisschen zu laut alles. Habe ich bei meiner Aufzählung irgendetwas vergessen? Fliegst du am Wochenende noch zum Mond, weil du machst wirklich sehr viel und ich weiß sogar, dass du gerade auch noch komplett einen Hof renovierst auch noch on top.
Dominik Stark:
Obwohl ich es nicht kann. Wenn man so die Aufzählung hört, das ist natürlich schon echt viel, dass muss man schon sagen. Ich weiß auch, dass das eine echte Last ist. Ich bin auch noch Praxisanleiter und bin in Berufs- und Fachgesellschaften aktiv, bin viel auf Kongressen auch unterwegs und mache da Vorträge. Aber wir lassen das jetzt mal. Das sind schon alles ziemlich viele Dinge, die du genannt hast. Das Zeitmanagement ist eine absolute Herausforderung.
Moderator:
Heute geht es um dich, Dominik. Wir lernen dich ganz genau kennen. Du arbeitest auf der Intensivstation und in der Notaufnahme, warum genau diese beiden Bereiche?
Dominik Stark:
Also, man muss erstmal sagen, auf der Intensivstation bin ich groß geworden. Also ich bin da …
Moderator:
Du bist da geboren worden.
Dominik Stark:
Ich bin da geboren. Nein, zum Glück nicht. Ich meine das wäre kritisch. Habe ich auch schon erlebt, Geburten auf der Intensiv oder in der Notaufnahme, aber das war es nicht. Ich habe damals in der Ausbildung eigentlich schon die Vision gehabt, dass ich gerne mal in einen Fachbereich wie der Intensivstation arbeiten möchte und hatte dann tatsächlich in meiner Ausbildung den letzten Einsatz auf der Intensivstation. Das war der längste Einsatz, drei Monate und habe da noch einen ganz intensiven Einblick in die Intensivstation bekommen und habe dann auch dort gesagt okay, ich mach hier mein Examen. Das war damals bei uns noch etwas richtig Cooles. Man konnte sein Examen auf der Intensivstation machen und dann bin ich da direkt nach dem Examen geblieben. Das war natürlich damals als Berufsanfänger eine richtig krasse Herausforderung, direkt auf die Intensivstation zu gehen und ich bin beruflich sozusagen da groß geworden. Ich habe da gelernt, was es bedeutet in der Pflege zu arbeiten aus diesem Blickwinkel. Dann war ich natürlich immer, das kann man sich jetzt denken, wenn man anfangs gehört hat, was sich irgendwie alles so ein bisschen mache. Ich war nie jemand, der gesagt hat, ich habe meine Ausbildung abgeschlossen, jetzt ist vorbei. Ich wollte immer irgendwie noch nächsten Schritt um mich weiterentwickeln.
Ich habe mich dann nach zwei Jahren auf der Intensivstation für die Fachweiterbildung entschieden zum Intensivpfleger um Anästhesie. Ich hatte in dieser Fachweiterbildung einen Einsatz in der Notaufnahme und das fand ich gigantisch. Es hat richtig viel Spaß gemacht und war eine gute Abwechslung, weil auf meiner Intensivstation, wo ich gearbeitet habe, sind sehr viele Menschen gestorben. Ich hatte da wirklich fast tagtäglich mit dem Tod zu tun. So ein bisschen Frustration hat man auch schon verspürt, weil man manchmal dachte, mein Gott, man investiert immer so viel und so viele junge Menschen, die auch sterben, es ist alles schrecklich. Da war die Notaufnahme mit den Rückenschmerzen um 03:00 Uhr nachts war auch irgendwie mal ein anderes Erlebnis und es hat einen ein bisschen in Balance wiedergebracht. Dann habe ich mich nach der Fachweiterbildung dazu entschieden, eine geteilte Stelle zu machen. Das heißt, ich habe immer einen Monat auf Intensiv gearbeitet und einen Monat in der Notaufnahme. Das war bei meinem alten Arbeitgeber so gang und gäbe. Das hat man den Leuten ermöglicht. Daraus hat sich das dann entwickelt. Mittlerweile arbeite ich jetzt schon seit ich glaub dreieinhalb Jahren in beiden Bereichen. Das find ich mega, weil es bringt einen auch richtig viel Wissen, man entwickelt sich richtig weiter und es macht halt auch Spaß.
Moderator:
Während Corona waren die Intensivstationen voll mit Patientinnen und Patienten, die künstlich beatmet werden mussten. Hat euch diese Zeit an eure Grenzen gebracht?
Dominik Stark:
Definitiv, ich kann jetzt nicht lügen und sagen, das war alles tip top. Das war eine absolute Ausnahmesituation. Die Belastung war über eine lange Zeit wirklich extrem am Limit und auch teilweise weit darüber hinaus. Es war auch eine ungewohnte Situation, weil wir oft nicht wissen, okay, was kommt auf uns zu, was passiert, haben wir genug Ressourcen? Teilweise waren Materialbestellungen irgendwie knapp und das Krankheitsbild war auch echt schwierig zu behandeln, auch aus medizinischer Sicht. Das hat uns echt oft ans Limit gebracht, sehr viele Menschen, die gestorben sind.
Im Fernsehen hat man tagtäglich nur noch Corona gesehen und gehört, und dann waren wir halt sowieso nur am Arbeiten. Hat man die News angemacht, hat man auch nur darüber dann etwas gehört. Das war wirklich keine schöne Zeit. Ich glaube, wir haben es ganz gut gemanagt und insbesondere der Pflegeberuf hat gezeigt, was er eigentlich für einen Stellenrang für uns auch in der Gesellschaft hat und im Gesundheitswesen. Man hat so diese Herausforderung irgendwie angenommen.
Um noch mal auch ein bisschen Ehrlichkeit da reinzubringen, bei mir war es tatsächlich so, dass ich in der Pandemie in der Fachweiterbildung war und ich durch ganz viele Bereiche eigentlich rotieren sollte, aber immer wieder abgezogen wurde auf die Corona-Bereiche. Die Fachweiterbildung war dadurch natürlich auch sehr coronageprägt. In der Pandemie habe ich auch angefangen mit Social Media und Öffentlichkeitsarbeit und irgendwann ist mir das alles zu viel geworden, dass ich so viel Druck hatte, dass ich wirklich in der Pandemie auch kurz vor einem Burnout stand. Da war ich auch mal für ein paar Wochen krankgeschrieben, weil ich einfach resetten musste. Es war schon arbeiten am Limit. Leider ging es sehr vielen so muss man sagen.
Moderator:
Du hast eben gesagt, dadurch hat die Gesellschaft auch einmal so ein Schlaglicht drauf gekriegt, was ihr in der Pflege tatsächlich tagtäglich so leisten müsst. Ist das jetzt schon wieder alles vergessen? Jetzt ist der Rückenschmerzpatient auch um 20:00 Uhr bei dir in der Notaufnahme wieder.
Dominik Stark:
Es ist tatsächlich so, dass sehr viele Dinge, die in der Pandemie aufgekocht sind und wo Leute gesagt haben, Wahnsinn, da muss ich was tun und es ist alles nicht so toll, wie es läuft, ihr verdient eigentlich viel mehr und bessere Rahmenbedingungen, da ist nicht viel von umgesetzt worden und es nicht viel passiert, das muss man ehrlicherweise sagen. Die mediale Präsenz war natürlich zu der Zeit extremst hoch. Gefühlt musste ich mit dem Finger schnipsen und irgendwie wollten 17 Zeitungen mit einem sprechen, weil es war auch irgendwie interessant und die Leute haben sich dafür sehr interessiert.
Das ist heute alles vergessen und ich sage mal so: Von Applaus, von Zeitungsberichten und ähnliches, da können wir uns nichts von kaufen, es werden sich die Rahmenbedingungen ja nicht wirklich verbessern. Deswegen ist es eine coole Momentaufnahme teilweise gewesen, aber langfristig hat es nicht wirklich den richtigen Change gebracht. Das ist extrem schade, weil nach wie vor ist die Belastung immer noch sehr hoch. Viele Bereiche haben sich nie wirklich erholt. Es ist so, dass sehr viele immer noch heutzutage an ihr Limit gehen. Wir wissen, dass viele Patientinnen und Patienten nicht adäquat versorgt werden.
Wir wissen auch, dass der Pflegemangel oder Personalmangel im Gesundheitswesen Menschenleben kostet oder auch natürlich Behandlungen verzögert und enorme Kosten auch wirtschaftlich verursachen. Aber so richtige Lösungen sind politisch nicht gekommen und da rede ich vielleicht noch an einer anderen Stelle darüber. Man muss auch sagen, dass die letzte Regierung, also die Ampelkoalition, hatte sich sehr viel für die Pflege auch reingeschrieben. Am Ende ist leider fast alles zerschlagen, weil man sich dann zu viel mit sich selbst beschäftigt hat, und das ist natürlich schon sehr frustrierend.
Moderator:
Das geht ja eigentlich die letzten Jahre immer wieder so. Es steht dann auf dem Papier, aber politisch ist immer irgendetwas. Dann zerstreiten sich welche, dann gibt es einfach mal eine andere Priorität. Dann gibt es den einen und den anderen Krieg und Pandemie, und es ist kommt immer wieder was dazwischen und dann ist auch noch Fleisch im Kofferraum. Man muss ganz schnell dahin. Es gibt eigentlich immer wieder eine Ausrede.
Dich kennt man auch aus der Glotze wegen zum Beispiel dieser Problematik Pflegenotstand. Natürlich hast du auch immer wieder was dazu gemacht, auch noch Fernsehen. 2021 warst du zu Gast bei Joko und Klaas und die beiden haben eine Sendung zum Pflegenotstand gemacht und damit sogar den Deutschen Fernsehpreis gewonnen. Solche Aktionen, die bringen kurzfristig Aufmerksamkeit. Du hast es auch eben gesagt und bei Moderatoren sogar einen Fernsehpreis im Wohnzimmerregal gebracht, alles Klasse, am Ende jedoch meist überhaupt keine Veränderung in der Pflege. Wie kann man denn jetzt tatsächlich mal was verändern?
Dominik Stark:
Erstmal kann ich das so unterschreiben. Natürlich bringt es dann irgendwie vielleicht irgendwo den Fernsehpreis oder so, aber da können wir uns davon nichts holen. Es ist schön, dass es mal Aufmerksamkeit in diesem Bereich gibt. Das war ja wirklich erst sehr millionenfach angeschaut, viel drüber gesprochen worden. Es war für viele auch ein Türöffner muss man sagen, dass man irgendwie in die Öffentlichkeitsarbeit geht. Bei mir war es auch so der Start mit Social Media, da bin ich auch sehr dankbar dafür.
Aber am Ende des Tages ist es genau was du sagst. Es geht nicht darum, im Fernsehen zu stehen und sagen, ich bin der coole Dominik Stark, arbeite auf Intensivstation. Das ist überhaupt nicht Sinn und Zweck der Sache. Sondern es geht darum aufmerksam zu machen auf die Dinge, die passieren, die Realität zu spiegeln und dann natürlich auch politisch die Forderung irgendwie weiterzubringen, dass sich was verändert. Das werden wir aber nicht über Zeitungsartikel oder Fernsehberichte schaffen. Das schafft man nur mit wahrem Engagement, das muss man tatsächlich sagen.
Das heißt, ich muss in eine Gewerkschaft gehen. Ich muss mich in einen Berufs- oder Fachverband engagieren oder wenn ich eine Pflegekammer bei mir im Land habe, dann sollte ich mich für die Wahl aufstellen und sollte versuchen, irgendwie in die Kammerversammlung zu kommen. Ich bin am Ende des Tages in den Vorstand gerutscht, aber das sind Möglichkeiten, wo man dann wirklich als gewählter Delegierter an Veränderungen mitwirken kann. Dann muss man sich ins Zeug bringen, muss versuchen die Politik dazu zu bringen, dass gewisse Dinge zum einen umgesetzt werden oder auch das, was man in der eigenen Macht hat, selbst umzusetzen. Nur so kann es gelingen.
Natürlich Aufmerksamkeit durch die Öffentlichkeitsarbeit hilft, aber die wahre Arbeit findet im Ehrenamt mit Engagement statt, und da muss ich jedem die Illusion nehmen, es wird niemand kommen, irgendwie so ein goldener Reiter auf dem weißen Ross, der sagt, ich rette euch jetzt, ich werde alles für euch besser machen, das wird nicht gehen. Es wird nur gehen, wenn die ganze Berufsgruppe sozusagen zusammenhält und sich so viele wie möglich organisieren. Das ist einfach so.
Moderator:
Wir haben es politisch gesehen im Bundestagswahlkampf, da gab es so ein einziges Thema, vielleicht zwei, Migration, Wirtschaft. Die anderen Dinge, die die Menschen auch echt interessieren, ich rede mal von Brückenschäden, von der Digitalisierung oder von der Bildung und eben auch von der Pflege, von dem ganzen Krankenhauskram. Da war eigentlich fast gar nichts zu hören. Ist es dann auch irgendwie frustrierend? Man kann sich natürlich organisieren und hier was gründen, sich da zusammenschließen. Es muss ja auch politisch endlich einmal etwas initiiert werden, weil da sitzen nun mal diejenigen, die auch über Gelder entscheiden zum Beispiel.
Dominik Stark:
Du hast vollkommen recht. Natürlich frustriert es einen, wenn man sich Wahlkämpfe anguckt und hört diese Themen. Ich will jetzt auch gar nicht andere Themen kleinreden. Als Privatperson und als Wähler gucke ich ja nicht nur, was steht da zum Thema Pflege drinnen. Ich schaue auch, was gibt es für andere Probleme, wie möchten die Parteien, die demokratischen Parteien, die wichtigen Themen auch angehen? Das ist mir natürlich auch wichtig. Aber für jemanden, der sich engagiert, der auch berufspolitisch aktiv ist, schaue ich natürlich besonders da. Was setzen jetzt die Parteien denn wirklich für Pflege und Gesundheit an die Tagesordnung? Wenn sie es ja schon nicht einmal schaffen, darüber in der Öffentlichkeit zu sprechen, dann weiß man ja schon, dass es auf der Prioritätenliste ganz, ganz unten ist.
Das Thema Migration ist super wichtig. Wir brauchen da auch Lösungen und das Thema Migration schneidet ja auch den Pflegeberuf. Wir haben in der Pflege sehr viele Menschen mit Migrationshintergrund, und Fakt ist, unser Gesundheitssystem würde ohne Menschen mit Migrationshintergrund gar nicht mehr funktionieren. Deswegen schaut man da schon, hofft darauf, dass gute Lösungen gefunden werden, dass Menschen, die hier nach Deutschland kommen, hier arbeiten wollen und auch sollen, dass sie hier auch vernünftig integriert werden und auch vernünftige Lösungen haben. Das ist zum Beispiel ein Punkt da, sehe ich und höre ich aber sehr wenig drüber.
Thema Wirtschaft, jetzt mal ganz ehrlich, keine vernünftige Wirtschaft wird funktionieren, wenn wir kein vernünftiges Gesundheitssystem haben und vor allen Dingen Pflegesystem. Wie viele Menschen müssen ihre Angehörigen selber versorgen, weil es vielleicht keine Heimplätze mehr gibt, weil die Eigenkosten so hoch geworden sind, dass sie es sich gar nicht mehr leisten können. Dann müssen sie aus dem Beruf kürzer treten oder zurücktreten und das spiegelt sich ja auch auf die Wirtschaft zurück. Das sind alles so Themen, wo ich mir denke: Es ist richtig, dass wir das angehen, aber setzt doch jetzt bitte auch mal die Pflege nach oben. Seit Jahrzehnten wird darüber gesprochen. Wir steuern auf eine Katastrophe hin, der demografische Wandel wird uns unglaublich viele Pflegefachpersonen aus diesem Beruf herausspülen, weil sie in die Rente gehen. Es kommen nicht genug junge Leute nach und es werden immer mehr Menschen – dadurch, dass sie älter werden – natürlich multimorbider. Sie haben mehrere Erkrankungen, sind komplex in der Versorgung. Das heißt, das Defizit wird immer weiter steigen, man verschweigt es einfach und wir befinden uns mitten in einer Krise. Das ist so. Das kann man auch nicht schön reden. Wenn wir jetzt keine vernünftigen Programme haben und ich habe mir die Wahlprogramme durchgelesen, da steht dann vielleicht drinnen, wir setzen uns für bessere Rahmenbedingungen ein. Ja, herzlichen Glückwunsch.
Moderator:
Wir machen eine Arbeitsgruppe, die sich tot diskutiert. Das war es.
Dominik Stark:
Ja, diese Arbeitsgruppen, mein Gott. Ich sehe das ja aus diesem berufspolitischen Engagement, dass man da in Arbeitsgruppen einberufen wird. Da klopft man sich auf die Schulter, hat eine tolle Idee, wird am Ende nicht umgesetzt, keine Investitionskosten oder Ähnliches. Das ist halt auch Quatsch. Auf der anderen Art ist es natürlich so, mir reicht es nicht, wenn da steht, wir wollen bessere Rahmenbedingungen. Bitte sag mir doch wie, also wie wollt ihr das denn umsetzen? Was sind denn bessere? Geht doch mal mit der Berufsgruppe ins Gespräch und setzt auch das mal wirklich um, was gebraucht wird und nicht einfach nur mehr Lohn zu fordern.
Mittlerweile verdient man in der Pflege nicht schlecht, das muss ich jetzt ganz ehrlich sagen und vielleicht auch wenn jetzt einer zuhört und sagt mag sein, aber wir verdienen nicht so viel. Es ist nicht Hauptpunkt Nummer eins. Also man kann mir auch 7.000 Euro im Monat netto zahlen, wenn die Rahmenbedingungen aber nicht besser werden, ich trotzdem an der Überlastung bin, kaputt bin, die Menschen nicht vernünftig versorgen kann, dann bringt mir das Geld irgendwann auch nichts mehr. Jetzt mal überspitzt gesagt.
Da bin ich halt ein bisschen enttäuscht, dass die wenigsten Parteien sich da wirklich sehr intensiv mit auseinandergesetzt haben und auch wirklich Lösungen aufzeigen. Jetzt schiebt man es einfach wieder auf Wirtschaftskrise, Migration, Krieg etc. Ja, ist wichtig, aber auch Pflege ist wichtig. Ganz ehrlich, diese Probleme in der Pflege, die werden uns noch so, so, so treffen. Es wurde von der Berufsgruppe auch angeprangert und es wird einfach ignoriert. Ich weiß nicht, wie die Versorgung in Deutschland aussehen soll, wenn das noch mal fünf bis zehn Jahre jetzt einfach so weitergeht, muss ich ganz ehrlich sagen.
Moderator:
Der Zukunftsforscher Tristan Horx, der hat hier in diesem Podcast zu dem Pflegenotstand gesagt: Es ist der Klassiker, es muss halt erst was richtig Schreckliches passieren. In diesem Falle müssen wahrscheinlich Menschen sterben. Es muss irgendwelche Unglücke geben, erst dann sind die Politik und die Verantwortlichen richtig wachgerüttelt. Mitunter braucht es halt etwas Schlimmes, damit dann etwas Besseres entstehen kann. Das ist jetzt schon so. Ganz drastische Sichtweise. Aber er sieht so in die Zukunft geschaut hier in Deutschland tatsächlich keine andere Bewegung. Es sieht nicht danach aus, dass in irgendeiner Phase irgendwas vorher passiert
Dominik Stark:
Das wundert mich, weil diese Dinge passieren schon. Sorry, da kann ich jetzt ja nichts anderes sagen. Diese Dinge passieren schon. Ich glaube, jede Pflegefachperson, die jetzt diesen Podcast hier hört, die wird sich denken, ja mein Gott, kommt mal einen Tag bei mir auf Station, da werde ich euch mal zeigen, was hier für Katastrophen sind. Dass Menschen aufgrund von Personalmangel versterben oder schlechter dran sind, ist auch kein Geheimnis. Ich frage mich, was für Krisen noch passieren müssen, damit man wirklich, wirklich agiert.
Ich glaube aber auch, es ist ein Stück weit eine Entscheidung der Gesellschaft zu sagen, was ist uns gerade wichtig. Auch auf die Politik mal zuzugehen als Gesellschaft und zu sagen, ihr müsst jetzt unbedingt an diesem Problem im Gesundheitswesen etwas machen. Das ist auch eine Verantwortung der Gesellschaft und da appelliere ich auch daran, dass wenn man nicht in diesem Bereich arbeitet, kann man ja genauso darauf aufmerksam machen, weil man genauso betroffen ist.
Wenn ich ins Krankenhaus gehe als Privatperson, ich muss zehn Stunden warten, werde dann einfach nur vertröstet und nicht richtig behandelt. Ich gehe dann zum niedergelassenen Arzt, muss sechs Monate warten bis ich eine Diagnose kriege und meine Symptome werden immer schlimmer, dann bin ich ja auch frustriert. Wir müssen das gemeinsam hinkriegen, die Berufsgruppe muss sich organisieren, aber mit der Gesellschaft zusammen sozusagen dann auch die politische Agenda setzen, dass wirklich etwas passiert. Das könnte eine gute Kombination sein, aber auch die Gesellschaft schiebt natürlich, solange sie gesund ist, diese Probleme weg.
Moderator:
Bald muss man als Patient oder Patientin recht kreativ sein in der Notaufnahme, wenn man krasse Magenkrämpfe hat um 21:00 Uhr, vielleicht noch ein Messer ins Auge schieben, damit man wirklich drankommt und schneller dran ist.
Dominik Stark:
Hoffen wir, dass es nicht so weit kommt. Aber es ist natürlich schon so, ich sehe es ja tagtäglich, ich hatte jetzt erst vor ein paar Tagen wieder Dienst in der Notaufnahme und die Leute sind frustriert. Sie werden hin- und hergeschickt. Sie warten. Wir tun, was wir können, aber wenn irgendwie 17 neurologische Patienten gleichzeitig da sind, dann müssen manche Leute einfach lange warten und es tut einem auch leid. Das System gibt es nicht anders her, und da reden wir noch gar nicht von der Finanzierung des Systems. In der Notaufnahme wird regelmäßig irgendwie minus mit dem Geld gemacht und man muss dann schauen, dass die Leute aufgenommen werden, damit die Pauschalen dann irgendwie wieder abgerechnet werden können. Das kommt noch alles oben drauf und dass sich da insbesondere die Mediziner dann natürlich Gedanken machen müssen, wenn sie einen CT machen, wie sie das irgendwie rechtfertigen können, das ist ja auch ein perverses System. Da sieht man ja schon, wie viele Probleme es sind.
Moderator:
Deine Social-Media-Kanäle, die benutzt du auf jeden Fall auch um auf Missstände hinzuweisen, aber auch um Dinge zu erklären, die eben zum Beispiel in der Intensivpflege oder in der Notaufnahme wichtig sind. Wie nutzt du sonst so deine Reichweite und wen möchtest du damit überhaupt erreichen?
Dominik Stark:
Gut, dass du das gerade sagst. Wir sind ja gerade eher kritisch-negativ unterwegs gewesen, was völlig in Ordnung ist, was dazu gehört, weil man muss auch mal so benennen. Aber mir ist immer ganz wichtig, dass man den eigentlichen Beruf Pflege, von den Rahmenbedingungen trennt. Man darf das nicht. Natürlich hat man Überschneidungen, aber an sich ist der Pflegeberuf unglaublich toll, bietet mega viele Möglichkeiten und ist wirklich auch ein Beruf, der sehr viel Wissen und Komplexität auch verlangt.
Deswegen versuche ich auch immer die positiven Dinge zu beleuchten und Einblick in den Alltag zu geben, zu zeigen, was wir eigentlich als Pflegende, was wir können, was wir für ein Wissen haben. Manchmal sind es auch banale Dinge. Ich habe so eine Reihe, „7 Sekunden Quiz“ heißt das, in der zeige ich irgendwelche Objekte aus dem Krankenhaus und frage, was meint ihr, wofür ist das. Das sieht manchmal total verrückt aus. Dann gebe ich eine Erklärung, dass man irgendwie noch mal sieht, wir haben hier voll die verrückten Dinge, aber wir wissen, wie sie funktionieren, wofür sie da sind. Das ist eine coole Interaktivität.
Ansonsten versuche ich meine Reichweite echt dafür zu nutzen, um jungen Menschen Einblick in die Pflege zu geben, um den Austausch mit der Berufsgruppe selber zu haben, aber auch mit Patientinnen und Patienten in Kontakt zu kommen. Das ist teilweise wirklich sehr wertschätzend. Zum einen kriegt man selber auch gespiegelt, wie man sich selbst im System verhält, aber auf der anderen Seite ist es auch sehr wertschätzend, mal zu hören, an der einen oder anderen Stelle lief es mega gut, und ohne die Pflege wäre das überhaupt gar nicht gegangen. Ich versuche einen guten Mix daraus zu machen. Die Gesellschaft zu erreichen, die eigene Berufsgruppe zu motivieren, aber natürlich auch Menschen, die potenziell in diesem Beruf arbeiten wollen, irgendwie in den Beruf zu bekommen. Das ist das, was ich mir als Ziel gesetzt habe.
Moderator:
Hat es auch schon geklappt? Hat jemand, der das so gesehen hat, sich motiviert gefühlt, jetzt in die Pflege zu gehen?
Dominik Stark:
Tatsächlich. Ich bin jedes Mal immer sehr überwältigt, wenn ich auch solche Rückmeldungen habe. Ich habe erst vorgestern oder gestern eine Nachricht bekommen von jemandem, der gesagt hat: Hey Dominik, ich folge dir schon total lange und ich bin eigentlich vor einigen Jahren aus der Pflege rausgegangen, aber ich habe irgendwie jetzt durch deinen Content noch mal so Bock gehabt, dass ich wieder zurück in die Pflege gehe und ich traue mich jetzt nach so langer Zeit den Bereich zu gehen und ich möchte in der Notaufnahme arbeiten. Danke dir für deine Motivation. Wenn man das liest, denke ich mir geil, dafür habe ich das gemacht.
Natürlich ist es so, dass immer mein Gesicht auf meinem Account zu sehen ist. Mir geht es aber nicht um die Selbstdarstellung, nicht darum zu zeigen, ich bin der Tollste. Sondern mir geht es genau darum, diese Menschen zu erreichen. In seiner Nachricht hat er noch gesagt, dein Statement, indem du gesagt hast, es liegt auch an uns selbst, irgendwie den Beruf zu verbessern, das hat mich irgendwie noch mal motiviert, es noch mal zu versuchen. Das sind coole Rückmeldungen. Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, da kommen jeden Tag zwei davon. Das wär ja krass, dann könnte ich den Pflegenotstand alleine lösen. Nein, Quatsch, so ist es nicht, aber es kommen immer wieder solche Nachrichten, und das motiviert mich total, und das freut mich und das ist halt eine richtig coole Sache und da bin ich jedes Mal wirklich überwältigt.
Moderator:
Fachgesundheits- und Krankenpfleger kann man jetzt auch werden, wenn es in der Schule nicht ganz so gut gelaufen ist. So war es auch bei dir. Kurz mal eben im Podcast als schlecht in der Schule geoutet, so schnell kann es gehen, Dominik. Durch ein Freiwilliges Soziales Jahr bist du dann zur Pflege gekommen. Das hast du vorhin schon erklärt. Was war jetzt komplett der Auslöser, weil du hattest ja vorher gar keinen Plan, was du machst?
Dominik Stark:
Ja, gut zugehört. Ich mache da auch echt kein Geheimnis draus. Ich war in der Schule so wie es vielleicht vielen jungen Menschen geht ein bisschen lost. Ich wusste nicht ganz wohin mit mir, hatte auch Kontakt mit so ein paar falschen Leuten und dann kommt das eine zum anderen, und ich sage es ganz ehrlich, ich bin von der Schule geflogen.
Moderator:
Du warst in der Schach AG und sie hat dich tyrannisiert.
Dominik Stark:
Die haben mich da richtig, die haben mich da so rein reingedrängt und ich war einfach zu schlau. Nein, ich sage es auch ganz ehrlich, bin von der Schule geflogen, hatte keinen Schulabschluss und mir hat eine Lehrerin knall hart gesagt, du bist zu dumm um Hartz Vier zu bekommen, du wirst gar nichts erreichen. Ich habe mir gedacht, jetzt habe ich erst recht keinen Bock mehr. Du hast recht ich bin wirklich zu dumm ich kann nichts, dachte ich mir dann wirklich, und das hatte sich dann irgendwie ein bisschen manifestiert.
Ich bin über ein paar Umwege, du musst doch dein Leben irgendwie in den Griff kriegen, bin ich daran gekommen, Abschlüsse nachzuholen und hatte dann über ein FOS, heißt das hier, Fachoberschulreife, also Fachabitur, hatte ich ein Ganzjahrespraktikum im Krankenhaus. Das war Sozial- und Gesundheitsbereich, da hatte ich einen richtig intensiven Einblick ins Krankenhaus bekommen, die Tätigkeiten der Pflege. Es hatte mich so begeistert, dass ich mir sagte, hier fühlst du dich eigentlich ganz wohl und du bekommst Wertschätzung. Das muss man auch ganz ehrlich sagen. Mir haben Leute gesagt, Dominik, wie du mit den Menschen umgehst und nur das und dies, das passt dir gut rein und das war natürlich auch mal wieder so ein Gefühl von krass, ich kann ja wirklich was. Dann bin ich noch mal für zwei Jahre ins Ausland gegangen und hatte eigentlich mein Fachabitur abgebrochen, weil ich mir gedacht habe, ich brauche jetzt noch mal einen anderen Input. Dann habe ich mir überlegt, okay du jetzt hast du zwei Jahre in den USA gelebt, du musst dein Leben jetzt auch mal richtig in den Griff bekommen und dann habe ich nochmal nachgedacht, was konnte ich gut.
Dann habe ich mich für das FSJ noch mal entschieden. Habe gesagt, du machst jetzt noch mal ein NFSJ in der Pflege, so kriegst du mal einen richtig guten Einblick und bewirbst dich aber parallel schon mal für Ausbildungen in der Pflege. So kam das eine zum anderen und dann bin ich ja in die Pflege gegangen, habe mein Examen wirklich mit guten Noten abgeschlossen, habe meine Fachweiterbildung gemacht. Es zeigt, dass man, auch wenn man in der Schule nicht so gut war, in der Pflege wirklich auch Karriere machen kann.
Dass man da genau richtig sein kann. Das war ein langer Weg, aber es war genau der Richtige. Deswegen motiviere ich auch immer junge Leute dazu. Schaue es dir mal in der Pflege an, hospitiere mal, mach mal ein Praktikum und du kannst das nicht mit der klassischen Schule vergleichen. Hier werden ganz andere Inhalte vermittelt und du brauchst ein ganz anderes Wissen. Deswegen ist es richtig cool, was die Pflege auch für Chancen bietet.
Moderator:
Frage mich mal nach meinen Mathenoten, meine Mathelehrer haben sich beim Korrigieren meiner Arbeit anschließend freiwillig von Klippen gestürzt. Du hast eben das FSJ angesprochen. Es wird ja auch immer mal wieder über ein verpflichtendes Freiwilliges Soziales Jahr diskutiert. Das wäre dann ja genau genommen eher ein gezwungenes soziales Jahr. Was ist deine Meinung dazu?
Dominik Stark:
Ich muss zum einen sagen, dass ich das auch kritisch finde, dass man sagt, ihr müsst alle ein Jahr machen. Ich finde aber, wenn man die Option so gut ausbaut und sagt, wir finanzieren das auch ein bisschen. Wir geben euch wirklich gute Perspektiven, dass wenn ihr euch irgendwie wohlfühlt, von mir aus können wir sagen, sechs Monate ein gemeinnütziges Jahr. Man kann es auch frei entscheiden, wo man das macht und man bekommt da auch ein bisschen Geld, man bekommt Unterstützung, man kriegt eine Karriereplanung und hat dann vielleicht auch die Sicherheit, dass man nach den sechs Monaten in diesem Betrieb die Ausbildung machen kann oder anfangen kann, dann finde ich das ein mega gutes Ding.
Man muss ehrlicherweise sagen, dass insbesondere viele junge Männer in den Pflegeberuf durch Zivildienst, FSJ oder Bundesfreiwilligendienst gerutscht sind. Das darf man nicht vernachlässigen. Ich kenne super viele, die gesagt haben als das weggefallen ist, sind uns auch ganz viele Auszubildende weggefallen. Das war für uns so ein bisschen dieser Start, wo wir die Leute begeistern konnten und sie dann wirklich für den Beruf gewinnen konnten. Deswegen bin ich schon für eine Lösung in diese Richtung.
Ich glaube, wenn man das einfach nur attraktiv macht, dann werden sich auch genügend junge Menschen dafür entscheiden. Heutzutage suchen die jungen Menschen auch Perspektiven, die relativ flexibel sind, die vielfältig sind und da bietet die Pflege halt unglaublich viel. Deswegen wäre ich schon dafür, dass man das noch mal irgendwie reformiert in Anführungszeichen und halt super attraktiv macht für junge Leute.
Moderator:
Sieben Dinge, die es ohne die Pflegekammer NRW nicht geben würde. Diesen Beitrag findet man auf der Webseite der Pflegekammer NRW. Wir haben ja schon vorhin gehört, da bist du natürlich sehr engagiert aktiv. Kannst du uns ein oder zwei Punkte nennen, die damit gemeint sind?
Dominik Stark:
Punkte, die ich super wichtig mit der Pflegekammer sind zum einen erstmal, dass wir für den Berufsstand auch in den politischen Gremien sprechen. Das heißt, dass wir mit Delegierten Pflegefachpersonen, die gewählt wurden in den Landestreben sitzen, dass wir dort auch für Themen aus der Pflege und für die Pflege auch sprechen können, dass wir unsere eigenen Fachweiterbildungen regeln. Das finde ich mega. Es ist wirklich aus der eigenen Profession heraus.
Einen dritten Punkt muss ich noch nennen, weil der mir sehr, sehr wichtig ist und ich da sehr aktiv bin, dass wir einfach der Ansprechpartner für alle Themen rund um Gewalt und Diskriminierung werden wollen und wir da, wirklich sehr aktiv sind. Dass wir mit der Arbeitsgruppe Gewalt dabei sind, dieses ganze Themenfeld Gewalt gegen Pflege oder Gewalt auch in der Pflege einfach sehr differenziert zu beleuchten. Wir versuchen für die Berufsgruppe da zu sein, aber natürlich auch alle Patientinnen und Patienten zu schützen. Ich glaube, das sind sehr wichtige Dinge, da werden wir in Zukunft auch noch sehr viel zu machen. Ich könnte jetzt noch vier weitere Dinge aufzählen, die Berufsordnung, aber wir versuchen schon wirklich mit der Pflegekammer in der kurzen Zeit, in der wir da so viel wie möglich umzusetzen in unserem Berufsstand wirklich zu stärken und politisch dann auch zu platzieren.
Moderator:
Ist das der Grund, warum du dich auch in der Pflegekammer engagierst? Weil man dort wirklich was bewegen kann.
Dominik Stark:
Definitiv. Ich habe gesagt, durch Social Media und Fernsehbeiträge bekommt man vielleicht selbst ein bisschen ein schöneres Image oder erlaubt sich mal auf irgendeine Veranstaltung zu geben, aber das bringt den Beruf nicht weiter. Wenn man mandatiert ist, gewählt ist in der Kammerversammlung und dann vielleicht auch im Vorstand ist, dann kann man natürlich auch gewisse Dinge wirklich umsetzen und das ist mir immer sehr wichtig gewesen.
Ich wollte nicht nur meckern und jammern, sondern wirklich auch an Lösungen mitarbeiten. Ob die Pflegekammer jetzt alle Probleme von jetzt auf gleich lösen? Nein, das wäre auch utopisch. Aber wir können zumindest einen großen Puzzlestein mit in dieses ganze Mosaik einfügen und dafür sorgen, dass die Dinge, die wir regeln können, dass wir sie besser machen können. Deswegen bin ich ziemlich stolz darauf. Die Pflegekammer kann man mit aufzubauen und da mitzuwirken, weil ich sehe einfach eine riesengroße Chance darin.
Moderator:
Jetzt müsste es schnell sein Dominik. Ich habe für dich ein paar Sätze vorbereitet, die du gleich vervollständigen darfst. Ganz spontan, ohne lange darüber nachzudenken. Bist du bereit?
Dominik Stark:
Ich bin bereit.
Moderator:
Kaffee ist für mich?
Dominik Stark:
Essentiell.
Moderator:
Ich moderiere übrigens auch noch einen anderen Podcast. Beim Thema Kaffee habe ich kurz gedacht, ich wäre jetzt auf einmal da drinnen. Also liebe Grüße an „5 Tassen täglich“ und damit kannst du wirklich durchhalten, mit der Kaffeedöhnung.
Dominik Stark:
Kaffee ist für mich echt wichtig und ich trinke auch mindestens fünf Tassen, das muss ich ehrlich sagen, pro Schicht.
Moderator:
Als Gesundheitsminister würde ich als erstes?
Dominik Stark:
Die Pflege als Priorität Nummer eins setzen.
Moderator:
Bielefeld ist großartig, Köln jedoch?
Dominik Stark:
Die Stadt meines Herzens.
Moderator:
Für Auszubildende in der Pflege wünsche ich mir?
Dominik Stark:
Dass sie alle Karrierechancen, die die Pflege bietet, nutzen können.
Moderator:
Mein Lieblingsfachbegriff lautet?
Dominik Stark:
ECMO.
Moderator:
Was ist das?
Dominik Stark:
Extrakorporale Membranenoxygenierung, das ist sozusagen die Lungenüberbrücke.
Moderator:
Kannst du das dreimal einmal ganz schnell aussprechen.
Dominik Stark:
Kann ich glaube ich nicht, dann brauche ich selber eine ECMO, weil die überbrückt unter anderem ja auch die Lunge, dann brauche ich nicht mehr atmen, dann macht die das.
Moderator:
Die absurdeste Krankenhausregel ist?
Dominik Stark:
Ich würde sagen das Pflegepersonal unter Verordnungsgesetz. Das regelt, wie viel Pflegepersonal mindestens auf der Station sein muss und das ist teilweise viel zu niedrig angesetzt und die ganzen Strafzahlungen, die da teilweise bewusst in Kauf genommen werden, sind teilweise lächerlich und keiner weiß, wo sie eigentlich wirklich hingehen. Deswegen finde ich dieses Gesetz teilweise sehr fragwürdig.
Moderator:
Vielen Dank, Dominik, für deine Zeit und vor allem auch für Deine Arbeit, ob in der Klinik, in der Gewerkschaft der Pflegekammer oder auch auf Social Media.
Dominik Stark:
Vielen lieben Dank für die Einladung. Es war wirklich ein Fest. Ich bin gespannt, wie die Folge so ankommt.
Moderator:
Wenn ihr noch mehr über die Arbeit von Dominik erfahren wollt, dann schaut bei seinem Instagram-Kanal vorbei und hört seinen Podcast „pflegeSTARK“ offen, ehrlich und immer nah dran an den Menschen, die unser System am Laufen halten. Ihr findet den Podcast überall dort, wo es Podcast gibt und das gleiche gilt natürlich auch für den Herzschlag Podcast hier. Alle Folgen zum Nachhören gibt es außerdem auf www.bgw-online.de/podcast. Das war es für heute, wir hören uns dann in zwei Wochen wieder.
Jingle:
Herzschlag! Für ein gesundes Berufsleben, der BGW-Podcast.
Interviewgast
Dominik Stark
Fachgesundheits- und Krankenpfleger für Intensivpflege und Anästhesie
Intensivpflege und Notaufnahme EvK Bethel in Bielefeld
Vorstandsmitglied der Pflegekammer NRW
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